Klimaschutz in Indien Bei den Töpfern von Uttam Nagar
Es ist ein schwieriger Spagat für Indien: Einerseits ist das Land einer der größten Treibhausgas-Produzenten der Welt und muss mehr für den Klimaschutz tun, andererseits soll die wirtschaftliche Entwicklung nicht darunter leiden. Premierminister Singh hat vor seiner Abreise nach Kopenhagen noch einmal betont, dass Indien nicht zu einem Abkommen mit festen Vorgaben bereit sei. Bei den Töpfern von Uttam Nagar kann man das Dilemma gut betrachten.
Von Jürgen Webermann, ARD-Hörfunkstudio Südasien
Regungslos hockt eine junge Frau im dunklen Hinterzimmer vor einem Steinofen, der fast den gesamten Raum einnimmt. Sie ist mit einem gelben Tuch bedeckt, auch im Gesicht, um sich vor dem Rauch zu schützen. Hin und wieder wirft sie mit einer Schaufel Holzsplitter nach, damit das Feuer in Gang kommt. Eine dicke, schwarze Wolke entweicht aus dem Ofen, sie zieht nach oben, an den Wohnungen im ersten Stockwerk vorbei durch eine Öffnung nach draußen.
In einem kargen Raum nebenan bereiten zwei Jungs Tontöpfe vor. Auf sich ständig drehenden Scheiben machen sie aus dem nassen Rohstoff Formen, in allen möglichen Größen. Die Töpfe müssen dann nur noch gebrannt werden. Ram Swarup ist stolz auf seinen kleinen Betrieb in Uttam Nagar im Westen von Neu Delhi: "Wir stellen 200 Töpfe in fünf Stunden her. Die werden dann nach ganz Indien ausgeliefert."
Formen in allen möglichen Größen: 200 Töpfe in fünf Stunden
Kopenhagen ist weit weg
Insgesamt, schätzt Ram Swarup, gibt es im Viertel 500 Töpfer. Am späten Nachmittag werfen sie ihre Öfen an. Dann raucht es in jedem Straßenzug, die großen schwarzen Schwaden sehen gefährlich aus, ungefähr so, als würden Häuser brennen. Bedenken wegen der Umweltverschmutzung hat er keine: "Naja, wir werfen ja nur Holz in den Ofen und keine Chemikalien oder so was. Hier ist noch keiner dran gestorben."
Klimawandel, Kopenhagen – das ist den Töpfern von Neu Delhi kein Begriff. Ihre Methoden haben sie von ihren Vorfahren übernommen. Und Alternativen sehen sie nicht: "Wir könnten auch einen Gasofen nutzen. Aber dafür haben wir kein Geld. Außerdem gibt es häufig kein Gas, das ist limitiert."
Zu viel Klimaschutz ist schlecht für die Wirtschaft
Die Töpfer von Uttam Nagar sind natürlich nur ein winziges Rädchen in der boomenden indischen Wirtschaft. Doch nicht nur sie sorgen in Delhi für schlechte Luft. Täglich melden tausend Inder allein in der Hauptstadt ein neues Auto an. Gerade wenn es heiß ist, gibt es zudem einen riesigen Bedarf an Strom, vor allem für die geschätzt zehn Millionen Klimaanlagen in Indien. Um den Bedarf und auch das Wachstum zu sichern, setzt die Regierung vor allem auf Kohlekraft. Zu viel Klimaschutz – das könnte die Wirtschaft nur bremsen, gibt Indiens Umweltminister Jai Ram Ramesh im Parlament zu Bedenken: "Deshalb ist es völlig ausgeschlossen, dass sich Indien auf irgendwelche Abkommen verpflichtet. Völlig ausgeschlossen!"
Täglich melden tausend Inder allein in Neu Delhi ein neues Auto an
Eine deutliche Aussage, die auch Premier Singh mit nach Kopenhagen nimmt. Allenfalls eine freiwillige Selbstverpflichtung, darauf will sich Indien einlassen. Sollen doch die reichen Länder erst einmal vorangehen, so der Standpunkt. Dabei sind Ansätze für eine Klimapolitik durchaus vorhanden. Es gibt auch immer mehr Solaranlagen, Windräder, und Energiesparlampen. Aber – ihr Anteil an der Energieversorgung ist bislang zu vernachlässigen.
Die schlechte Luft atmen alle
Dabei treffen die Umweltverschmutzung und der Klimawandel vor allem die Inder selbst. Auch in Uttam Nagar in Neu Delhi, an diesem Spätnachmittag. Immer dichter werden die Rauchschwaden, auch in den Straßenzügen machen sie sich jetzt breit. Wer die Einwohner von Uttam Nagar fragt, der merkt schnell, wie angespannt die Stimmung ist. Ein Mann, der gerade einkauft, zeigt wütend auf die Rauchwolken: "Das ist doch gefährlich, die verpesten die Luft, das greift unsere Gesundheit an!"
Und auch der Besitzer eines kleinen Ladens wird deutlich: "Nach fünf Uhr nachmittags wird das unerträglich. Man kann dann kaum noch was sehen. Die Regierung sollte diese Art der Produktion schnell verbieten!"