Vor der Klimakonferenz in Baku Können die Klimaziele noch eingehalten werden?
Am Montag startet die Klimakonferenz in Baku. Es wird wieder darum gehen, wie es gelingen kann, die 1,5-Grad-Erderwärmung nicht zu überschreiten. Aber geht das überhaupt noch?
Die UN-Klimakonferenz findet dieses Mal in der Öl- und Gasnation Aserbaidschan statt. Beim Gipfel in Paris 2015 hatten sich die Unterzeichnerstaaten noch rechtlich verpflichtet, Maßnahmen umzusetzen, um die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten. Aber ist das überhaupt noch möglich?
1,5 Grad noch in Reichweite
Die gute Nachricht ist: Laut des Emissions Gap Reports des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP ist es theoretisch noch machbar, diese Grenze einzuhalten. Dafür müssten wir den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 42 Prozent gegenüber dem Jahr 2019 reduzieren.
Eine Analyse der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen zeigt allerdings, dass die bisher von der gesamten Weltgemeinschaft geplanten Maßnahmen gerade einmal 2,6 Prozent Treibhausgase einsparen würden. Das würde also nur einen Bruchteil der nötigen Reduktion bedeuten. Im Moment nähern wir uns also den 2,6 bis 3,1 Grad Temperaturerhöhung.
Politischer Wille fehlt
Dass es derzeit den politischen Willen gibt, eine solche Kraftanstrengung zu unternehmen, bezweifelt der Klimaforscher Niklas Höhne vom NewClimate Institute in Köln. "Wir sehen gerade eine extrem hohe globale Temperatur. Sie ist derzeit höher denn je. Und ist noch mal einen großen Sprung nach vorne gegangen. Insofern wird es für das 1,5-Grad-Ziel sehr, sehr, sehr eng", sagt er.
Und auch Jan Minx vom Klimaforschungsinstitut MCC in Berlin bezweifelt, dass diese Klimakonferenz den nötigen großen Wurf leisten kann. "Ob das zu erwarten ist, da setze ich im Moment mal ein großes Fragezeichen dran, denn wir sehen ja in Deutschland und in Europa, dass das Thema Klima uns so ein bisschen von der politischen Agenda herunterrutscht", so Jan Minx.
Und nicht nur hier. Auch zum Beispiel bei der US-Wahl hat das Klima kaum eine Rolle gespielt, trotz der zweithöchsten Emissionen weltweit. Der Sieg Donald Trumps dürfte nicht gerade dazu beitragen, dass die Klimakrise dort mit der nötigen Priorität behandelt wird. Es wird erwartet, dass Trump Gelder streichen und wahrscheinlich auch aus dem Pariser Abkommen sowie der ganzen Klimarahmenkonvention aussteigen wird.
Technologien sind da
Klimaforscher Carl-Friedrich Schleussner vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse in Laxenberg bei Wien weist aber auch auf Chancen hin. Denn zum Beispiel seien die erneuerbaren Energien jetzt so günstig wie nie zuvor. Dadurch wäre es rein theoretisch möglich, die 1,5 Grad jedenfalls nicht deutlich zu überschreiten. Wenn denn der politische Wille da wäre.
"Vor zehn Jahren, zum Zeitpunkt des Pariser Abkommens, hätte man sagen müssen: Wir müssen das Ruder herumreißen und wir müssen aber auch noch die technologischen Lösungen dafür entwickeln. Heute kann man sagen: Das Ruder haben wir nicht herumgerissen. Aber die technologischen Lösungen haben sich entwickelt", sagt Schleussner. Deshalb sei jetzt mehr denn je die Zeit für entschlossenes politisches Handeln.
Kurzfristige Ziele statt langfristiger Grenzen
Jan Minx bezweifelt derweil, dass es überhaupt sinnvoll ist, politisch an der 1,5-Grad-Grenze festzuhalten: "Ich glaube gar nicht, dass das die relevante Frage ist. In der Klimadiskussion haben wir zu lange in die Zukunft geschaut und zum Beispiel über Langfristziele nach 2050 gesprochen. Das Problem ist doch, dass die globalen Emissionen weiterhin steigen und wir die Trendwende noch gar nicht geschafft haben."
Wichtig sei es erst einmal, überhaupt weniger statt jedes Jahr mehr Treibhausgase zu produzieren. Denn kommt die Wende zu spät, kann ein noch so entschlossenes Handeln nicht mehr helfen - so auch der Bericht der UNEP.