Westafrika Der unsichtbare Klimawandel auf den Kapverden
Auf den Kapverdischen Inseln versuchen Forscher herauszufinden, wie weit der Klimawandel im Meer vor Westafrika ist. Mithilfe des GEOMAR-Forschungszentrums in Kiel haben sie bereits Beunruhigendes zutage gefördert.
Sie sehen aus wie jene Pressluftflaschen, die sich Taucher auf den Rücken schnallen. Nur dass es gleich acht Stück davon sind - zu einer ganzen Batterie zusammengefügt. Nicht ohne Stolz zeigt der Meeresbiologe Pericles Silva eine seiner wichtigsten Apparaturen vor.
Diese High-Tech-Flaschen gehen im Ozean durchaus auf Tauchgang - nur eben allein, ohne menschlichen Anhang. Denn sie erforschen Tiefen, die kein Taucher je überleben würde. Hier sammeln sie Wasserproben und zeichnen, mit winzigen Sensoren ausgestattet, wichtige Daten auf: "Sauerstoffgehalt, Chlorophyll, Temperatur", all das werde auf diese Weise ermittelt, erklärt Forscher Silva vom "Ocean Science Center Mindelo" (OSCM) auf den Kapverden.
Die High-Tech-Flaschen sammeln Wasserproben und zeichnen Daten auf.
Daten sammeln in dreieinhalb Kilometern Tiefe
Diese Inselgruppe liegt ohnehin schon weit draußen im Atlantik vor der Küste Westafrikas. Von hier aus geht es dann noch einmal über 100 Kilometer hinaus auf den Ozean. Dort treten dann nicht nur die High-Tech-Flaschen ihren Tauchgang an: Auch andere Sensoren werden in 3,5 Kilometern Tiefe am Meeresgrund verankert. Um dann, wie an einer Perlenschnur aufgereiht, eineinhalb Jahre lang wertvolle Daten zu sammeln. Bis sie von einem Forschungsschiff geborgen und ausgewertet werden.
Das Ziel: Man will dem Klimawandel im Wortsinn "auf den Grund gehen". "Was wir Menschen als Extremwetterereignisse in der Atmosphäre wahrnehmen, findet auch im Ozean statt. Nur eben unsichtbarer", erklärt Björn Fiedler. Er ist Ozeanograph beim GEOMAR-Helmholtz-Zentrum in Kiel und hat das Forschungslabor vor der Küste Westafrikas mit aufgebaut.
Temperaturanstieg auch tief im Meer feststellbar
Fiedler und seine Wissenschaftskollegen betrachten es als ihre Aufgabe, Dinge sichtbar zu machen. Die Geheimnisse des Meeres an Land und damit ans Licht zu bringen. Und so einiges, was die Forscher an Erkenntnissen in den letzten fünfzehn Jahren an die Oberfläche holten, ist durchaus beunruhigend:
Der Temperaturanstieg auf dem Erdball lässt sich auch im Atlantik feststellen. Nicht nur an der Oberfläche, auch in der Tiefe habe sich der Ozean über die Jahre "deutlich erwärmt", erklärt Ozeanologe Fiedler. Gleichzeitig nimmt der Gehalt von Kohlendioxid, also von klimaschädlichem CO2, im Meer zu. "Der Ozean versauert vor Westafrika." So drückt es der Wissenschaftler aus. Parallel dazu haben die Langzeitstudien ergeben, dass der Sauerstoffgehalt abnimmt.
Das Wissenschaftszentrum auf den kapverden will dem Klimawandel im Wortsinn "auf den Grund gehen".
Fischarten beginnen zu wandern
Dass dies nicht folgenlos bleibt für Menschen und Tiere, liegt auf der Hand. Was es aber genau bedeutet, daran wird weiter geforscht. Schon jetzt ist feststellbar: Bei mit Sendern ausgestatteten Schwertfischen ließ sich beobachten, dass die sich in Meerestiefen oder Gewässer zurückziehen, wo sie mehr Sauerstoff und damit mehr Nahrung vorfinden.
Und Meeresbiologe Pericles Silva erklärt, dass aufgrund der steigenden Wassertemperatur eigentlich vor der senegalesischen Küste heimische Fischarten in Richtung Kanarische Inseln gewandert seien. Doch mit zunehmender Erd- und Wassererwärmung dürften noch ganz andere Umwälzungen bevorstehen. Den Klimawandel betreffend sind allerdings noch viele Fragen offen. Nur dass er stattfindet, da sind sich die Forschenden in Kiel mit denen auf den Kapverdischen Inseln einig. Egal, ob er sich vor aller Augen und für uns bereits spürbar vollzieht. Oder im Verborgenen - in den Tiefen des Ozeans.