Klimawandel Nie wieder weiße Weihnacht?
Drinnen leuchtet der Baum, draußen türmt sich der Schnee. So stellen sich wohl viele ideale Weihnachten vor. Mit dem Klimawandel schwinden die Chancen dafür - doch schon davor waren sie kleiner als viele meinen.
Für viele sind weiße Weihnachten ein Idealbild. Die Schneedecke strahlt Ruhe aus, die Natur scheint im Winterschlaf - ein Szenario, das gut zum Weihnachtsfest passt, bei dem es besinnlich zugehen soll.
Eine offizielle Definition von "weißen Weihnachten" gibt es nicht, der Deutsche Wetterdienst (DWD) spricht davon, wenn am 24., 25. oder 26. Dezember an einer Wetterstation morgens jeweils mindestens ein Zentimeter Schnee gemessen wird.
"Da muss schon einiges zusammenkommen"
Genau dieses Szenario stellt laut DWD in weiten Teilen Deutschlands eher eine Seltenheit dar, zumindest wenn man nicht in den höheren Mittelgebirgen oder am Alpenrand wohnt. "Da muss schon einiges zusammenkommen", sagt DWD-Klimaexperte Karsten Friedrich über die Schneedecke an den Feiertagen. Es müsse genügend Kälte und Feuchtigkeit vorhanden sein.
Das Problem: Kalte Luft, die aus dem Norden oder Nordosten kommt, ist meist trocken und bringt keine Niederschläge. Mildere Luft aus dem Westen bringt oft Feuchtigkeit, aber selten Schnee. Der Wettermix müsse also passen. Zuletzt war das Anfang Dezember der Fall.
Wichtiger Faktor: Wohnlage
Ob es zu Weihnachten eine höhere Wahrscheinlichkeit für Schnee gibt, hängt auch mit der Wohnlage in Deutschland zusammen. Allgemein ist es so: Je höher gelegen man wohnt, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass Weihnachten Schnee vor der Tür liegt. Allerdings: In manchen Jahren wie zuletzt 2022 habe es nicht mal im Alpenraum für weiße Weihnachten gereicht, erinnert Friedrich.
Wer Weihnachten nie Schnee sehen will, sollte ans Meer fahren, rät der Wetterexperte. Weil Nord- und Ostsee im Dezember noch Wärme aus dem Sommer gespeichert haben, sei es an der Küste im Mittel meist milder.
Wahrscheinlichkeit früher höher als heute
Die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten in Deutschland war noch nie besonders hoch, aber früher sicherlich höher als jetzt. Das geht aus einer Auswertung des Klimaarchivs des nationalen Wetterdienstes hervor: Ein Vergleich der Referenzperioden 1961-1990 und 1991-2020 zeigt, dass die Chance auf eine Schneedecke an allen drei Weihnachtstagen insgesamt um mehr als 50 Prozent zurückgegangen ist.
Besonders betroffen ist vor allem der bisher bevorzugte Süden von Deutschland, wo noch vor wenigen Jahrzehnten fast jedes zweite Jahr an Weihnachten Schnee lag.
Letzte weiße Weihnacht: Vor 13 Jahren
Das letzte Mal gab es hierzulande im Jahr 2010 verbreitet weiße Weihnachten. Vor 13 Jahren war die Schneedecke laut DWD am Morgen des 24. Dezember noch lückenhaft, aber "bis zum Heiligen Abend sorgte dann Neuschnee für eine Schneedecke in ganz Deutschland". Solche mehr oder weniger flächendeckenden weiße Weihnachten sind selten. Insgesamt gab es das seit den 1960er-Jahren nur vier Mal - vor 2010 noch 1962, 1969 und 1981.
Ob das Fest dieses Jahr weiß wird, könne einigermaßen zuverlässig erst "maximal eine Woche vor Weihnachten" vorhergesagt werden, erklärt DWD-Experte Friedrich.
Denn es ist 2023 wie fast jedes Jahr: Kurz vor den Feiertagen setzt das sogenannte Weihnachtstauwetter ein, das der DWD in seinem Lexikon ausführlich beschreibt. Milde atlantische Luft strömt dabei von Westen heran und bringt mitunter Regen mit sich. Zuvor gefallener Schnee verschwindet. Das "berüchtigte Weihnachtstauwetter" zählt nach DWD-Angaben zu den sogenannten Singularitäten - auch Witterungsregelfälle genannt - und tritt je nach Region mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 70 Prozent auf. Das heißt: Weihnachten liegt einfach zur falschen Zeit. "Die Wahrscheinlichkeit für Schnee ist im Hochwinter am größten", sagt Friedrich und meint damit den Monat Januar.
Einfluss der globalen Erwärmung
Wie geht es in Zeiten des Klimawandels weiter? Die Zeit seit 2010 nennt Klimaforscher Valeri Goldberg von der TU Dresden die "mittlerweile längste durchgängige Periode von Jahren mit grünen Weihnachtsfeiertagen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen". Bezogen ist das auf die sächsische Landeshauptstadt in den Jahren 1884 bis 2021. Das lasse "auf den Einfluss der globalen Erwärmung schließen".
Es bestehe ein Zusammenhang zwischen Erwärmung von Atmosphäre und Ozeanen sowie der abnehmenden Häufigkeit weißer Weihnachten in Mitteleuropa, schreibt Goldberg. Die Wahrscheinlichkeit für Schneewetterlagen im Winter nehme ab - gerade im Tiefland. Denn dafür müssten erst einmal frostige und feuchte Luftmassen aus dem Polargebiet nach Mitteleuropa gelangen.
Klimaprojektionen zeigen eine Erwärmung der Winter in Mitteleuropa bis Ende des 21. Jahrhunderts um meist drei bis vier Grad im Mittel und bis zu 5,5 Grad in der Spitze. Es sei davon auszugehen, dass eine weiße Weihnacht dann "zu einem sehr seltenen Ereignis wird", prognostiziert Klimaforscher Goldberg.