Folge der Nickel-Knappheit Wettlauf um Batterien von morgen
Der Ukraine-Krieg sorgt für Wirbel auf dem Batteriemarkt. E-Auto-Hersteller versuchen, die Abhängigkeit vom russischen Nickel zu senken. Neue Batterietypen mit weniger kritischen Rohstoffen könnten sich durchsetzen.
Die Hersteller von Elektro-Fahrzeugen haben ein Nickel-Problem. Bei Kobalt-Nickel-Mangan-Batterien steckt mehr als 40 Prozent Nickel drin. 75 Prozent davon stamme aus Russland, sagen Experten. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs gibt es enorme Engpässe bei Nickel, die Autokonzerne suchen verzweifelt nach alternativen Bezugsquellen. VW zum Beispiel will jetzt Nickel aus Indonesien beschaffen.
Bisher werden in den meisten Stromern entweder Kobalt-Nickel-Mangan-Batterien (NMC) oder Lithium-Nickel-Kobalt-Aluminium-Oxid-Batterien (NCA) eingesetzt. NMC enthält zwar weniger Nickel (20 Prozent), dafür aber mehr Kobalt - ein Rohstoff, der vor allem aus dem afrikanischen Kongo kommt.
LFP-Technik gewinnt an Bedeutung
Viele Zellfertiger und Autobauer setzen daher zunehmend auf neue Batterietypen, die weniger kritische Rohstoffe enthalten. So gewinnen die sogenannten LFP-Batterien, also Akkus aus Lithium-Eisenphosphat, an Bedeutung. Vor allem China ist hier rasant vorgeprescht. Der Autobauer BYD hat im vergangenen Jahr Hunderttausende E-Autos mit der LFP-Technik ausgestattet. Selbst Tesla hat sein Werk in Shanghai auf LFP umgestellt - mit Hilfe des chinesischen Zellfertigers CATL. Die Basisversion des Model 3 wird in China teilweise schon mit LFP-Zellen angeboten.
Deutsche Autobauer wollen ebenfalls verstärkt den neuen Batterie-Typ einbauen. Mercedes wird für seine nächste Stromer-Generation unter anderem in den Modellen EQA und EQB LFP-Batterien verwenden - von 2024 an. Und VW will künftig im Basis-Segment verstärkt die LFP-Technik nutzen.
"Der Batterie-Markt ist derzeit kräftig in Bewegung", sagt Ulrich Weitz, Vorstandschef von Ibu-tec. Die Weimarer Firma zählt zu den deutschen LFP-Pionieren. Ibu-tec hat die ursprüngliche Technologie von BASF erworben und will sie nun zum Großeinsatz bringen. Die bisherige Produktion reicht gerade mal für 40.000 E-Autos mit je 50 Kilowattstunden. Viel zu wenig, findet Weitz.
Sicherer, länger haltbar - und billiger
Im Chemiepark Bitterfeld plant Ibu-tec gerade eine neue Produktionsanlage, die das bisherige Werk in Weimar ergänzen soll. Der Ibu-tec-Manager und auch einige E-Mobilitätsexperten sind sicher, dass LFP vor einer rosigen Zukunft steht. Gegenüber den anderen zwei Batterie-Typen NMC und NCA habe LFP einige Vorteile in puncto Umweltschutz, Sicherheit, Lebensdauer und Kosten, sagt Achim Kampker, Professor für Ingenieurwesen an der RWTH Aachen. Die Lithium-Eisen-Batterien seien schneller aufladbar und hätten mehr Ladezyklen. "Außerdem brennen sie nicht", erklärt Ibu-tec-Chef Weitz.
Allerdings ist ihre Reichweite wegen ihrer relativ geringen Energiedichte begrenzt. Daher dürften sich vorerst eher kleinere Fahrzeuge mit LFP-Technik in der Stadt mit einer Reichweite von bis zu 80 Kilometer durchsetzen, glaubt Weitz. Die zweite Generation der LFP-Technik von CATL erlaubt aber inzwischen schon Reichweiten von 490 Kilometer - beim Tesla.
Künftig werde nicht mehr die größte Reichweite erwartet, sagt Experte Kampker von der RWTH Aachen. Sobald es eine Reichweiten-Gleichheit der Stromer mit konventionellen Autos gibt, werde der Preis immer wichtiger. Dann werden zunehmend günstigere E-Autos für den Stadtverkehr gefragt sein, glaubt er. Bei E-Fahrzeugen macht die Batterie 40 Prozent der Kosten aus.
Steigende Nachfrage erwartet
Insgesamt dürfte der Bedarf an Lithium-Ionen-Batterien in den nächsten Jahren sprunghaft ansteigen. "Die Nachfrage wird sich bis 2030 mehr als verfünffachen", prophezeit Kampker. Dabei dürfte Europa eine wichtige Rolle spielen. Immer mehr Zell-Produktionswerke sprießen aus dem Boden. Kampker: "Europa entwickelt sich zu einem Hotspot für die Batteriezellproduktion." Laut dem ZVEI ist der deutsche Batteriemarkt 2021 um gut 54 Prozent auf rund 9,29 Milliarden Euro gewachsen. Erstmals wurden mehr Lithium-Ionen-Batterien aus Europa importiert als aus Asien.
Lithium-Mangel bremst den Boom
Einzig der Lithium-Mangel könnte den rasanten Aufschwung bremsen. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) warnte unlängst, dass künftig nicht genug Lithium zur Verfügung sehen werde. Bis 2030 werde die Nachfrage auf mindestens 316.000 Tonnen bis hin zu mehr als 550.000 Tonnen pro Jahr steigen. Dann fehlen 90.000 bis 300.000 Tonnen. Daher tüfteln Firmen an alternativen Batterie-Typen wie Natrium-Ionen-Akkus, die ohne Lithium und auch ohne Nickel, Kobalt und Kupfer auskommen. CATL will 2023 mit der Massenproduktion starten.
Noch schlimmer wäre ein russisches Gas-Embargo. Dann müsste die deutsche Batterie-Industrie ihre Produktion sofort einstellen, warnte unlängst Christian Rosenkranz vom ZVEI-Fachverband Batterie. Man sei sowohl bei Blei- als auch bei Lithiumbatterien auf den Einsatz von Gas angewiesen.