Testflug Blue-Origin-Rakete schafft Landung nicht
Teilerfolg für Jeff Bezos und sein Unternehmen Blue Origin: Zwar startete ihre Rakete "New Glenn" erfolgreich in den Orbit. Die Rückkehr der unteren Stufe zur Erde misslang aber.
Nachdem der Start wegen schlechten Wetters am vergangenen Freitag verschoben werden musste, ist die neue Rakete "New Glenn" nun zunächst erfolgreich vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral gestartet.
Sie ist die erste Orbitalrakete des Unternehmens Blue Origin und direkter Konkurrent zur SpaceX-Rakete "Falcon Heavy". Benannt wurde "New Glenn" nach dem Astronauten John Glenn, der 1962 als erster US-Amerikaner die Erde in einem Raumschiff umkreiste.
Landung der unteren Stufe gescheitert
Mit 98 Metern Höhe ist "New Glenn" in etwa so hoch wie ein 30-stöckiges Gebäude. Die Rakete besteht aus zwei Stufen, die sich wenige Minuten nach dem Start trennen. Die obere Stufe beinhaltet die Nutzlast. Die untere Stufe, die für einen Großteil des Antriebs verantwortlich ist, sollte zur Erdoberfläche zurückkehren, dort eigentlich unbeschadet landen und dann für weitere Missionen wiederverwendet werden. Dies gelang Blue Origin heute allerdings nicht. "Wir haben den Booster beim Abstieg verloren", teilte das Weltraumunternehmen von Milliardär Jeff Bezos mit. Die Landung gleich beim ersten Testflug sei ein "sehr ehrgeiziges Ziel" gewesen.
Für Blue Origin bedeutet das unerwünschte zusätzliche Kosten. Denn eigentlich sollte ein solches "Recycling” der unteren Raketenstufe den finanziellen Aufwand für einen Raketenstart deutlich reduzieren. Dem Konkurrenten SpaceX glückte diese Strategie mit seiner Trägerrakete "Falcon 9" bereits hunderte Male. Allerdings war es nicht SpaceX sondern Blue Origin, dem die Landung einer Rakete erstmals gelang - und zwar mit seiner Suborbital-Rakete "New Shepard".
Im Vergleich zu "New Shepard", die Weltraumtouristen in lediglich 110 Kilometer Höhe befördert, erreicht "New Glenn" mehr als die dreifache Höhe und könnte so theoretisch sogar Raumschiffe auf den Weg zur internationalen Raumstation ISS bringen. Eine Kapsel zum Transport von Menschen hat Blue Origin allerdings noch nicht entwickelt. Pläne dafür will das Unternehmen bis 2030 umsetzen.
Wofür soll "New Glenn" eingesetzt werden?
Mit der neuen Schwerlastrakete will sich Blue Origin zu einer Art Logistikdienstleister in der Erdumlaufbahn entwickeln. So hat das Unternehmen bereits mehrere Deals mit Kunden abgeschlossen, darunter auch der NASA. Aber auch für eigene Projekte, wie zum Beispiel die von Blue Origin geplante Raumstation "Orbital Reef", soll "New Glenn" als Kurier dienen.
Blue Origin plant außerdem, mit "New Glenn" mehr als 3.000 Satelliten des Amazon-Projekts "Kuiper" in die Erdumlaufbahn zu befördern. Die Satelliten sollen Breitband-Internetverbindungen über das All anbieten, ähnlich dem bereits etablierten Starlink-Netzwerk von SpaceX.
An Bord der "New Glenn" sollten ursprünglich zwei NASA-Raumsonden zur Untersuchung des Mars transportiert werden. Wegen Verzögerungen bei der Entwicklung der Rakete kam es jedoch nicht dazu. Stattdessen transportiert die "New Glenn" nun an ihrer Spitze den Prototypen eines neuen Raumfahrzeugs in den Orbit. Dieser "Raumschlepper" mit eigener Energieversorgung und eigenem Antrieb namens "Blue Ring" soll dabei helfen, Satelliten und Nutzlasten auf ihre Umlaufbahn zu bringen oder neu zu betanken.
Ende der SpaceX-Dominanz im All?
Ob die Schwerlastrakete von Blue Origin mit der Raketenflotte von SpaceX mithalten kann, hängt vom Preis pro Kilogramm Fracht ab. Dieser ergibt sich aus den Kosten für den Raketenstart und der Beladungsmenge. "New Glenn" transportiert mit 45 Tonnen zwar weniger Nutzlast in den Orbit als ihre Konkurrenz-Rakete "Falcon Heavy", die für 64 Tonnen ausgelegt ist. Die "Falcon Heavy" ist aber nur beim Transport von Lasten bis zu 30 Tonnen auch wiederverwendbar und spart damit Startkosten. Wieviel ein Start der “New Glenn” kostet, hat Blue Origin noch nicht bekannt gegeben.
Darüber hinaus testet SpaceX bereits eine weitere Schwerlastrakete. Das "Starship" kann 120 Tonnen Nutzlast transportieren. Außerdem sollen bei ihm beide Raketenstufen wiederverwendbar sein. Das könnte weitere Kosten sparen. Wird die Zweitstufe nicht wiederverwendet, steigt die Nutzlast sogar auf 250 Tonnen. SpaceX hat sich das ambitionierte Ziel gesteckt, bis 2026 fünf unbemannte Missionen mit dem "Starship" zum Mars zu absolvieren.
Sorgen um seine dominante Marktposition im Weltraum muss sich SpaceX daher in nächster Zeit vermutlich nicht machen. Für das Jahr 2025 hat Musk auf X mehr als 150 Starts der "Falcon 9" angekündigt. Für die "New Glenn" sind gerade einmal zehn Starts angedacht.
Trotzdem könnte die Konkurrenz durch die "New Glenn" das Weltraumgeschäft beleben. Ob das Unternehmen von Jeff Bezos das Kräfteverhältnis ernsthaft aus dem Gleichgewicht bringen kann, muss sich erst noch zeigen.