Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens schieben einen Sarg.

Studie zur Corona-Pandemie Deutliche regionale Unterschiede bei Übersterblichkeit

Stand: 31.07.2024 13:15 Uhr

Seit mehr als einem Jahr gilt die Corona-Pandemie als offiziell beendet. Nun gibt es eine Studie zur Übersterblichkeit in Europa. Für 2021 sprechen die Forscher von einem deutlichen Ost-West-Gefälle - auch in Deutschland.

Während der Corona-Pandemie hat es große regionale Unterschiede bei der Übersterblichkeit in Deutschland und Europa gegeben. Das geht aus einer Datenauswertung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung und des Französischen Instituts für demografische Studien hervor.

2021 gab es in Deutschland ein deutliches Gefälle: Die Übersterblichkeit in Thüringen und in Teilen von Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg betrug eineinhalb bis zwei Jahre. Im westlichen Bundesgebiet lag sie bei unter einem Jahr - mit Ausnahme einiger bayerischer Gebiete.

Übersterblichkeit

Der Begriff Übersterblichkeit bezieht sich auf die Sterberate in der Bevölkerung. Sterben in einem bestimmten Zeitraum deutlich mehr Menschen als gewöhnlich, sprechen Demografen von Übersterblichkeit. Um die durchschnittliche Sterberate zu erfassen, werden über mehrere Jahre hinweg die durchschnittlichen Todesfälle pro Tag errechnet.

Ursache: Fortzüge nach der Wende

Einer der Gründe: Das Durchschnittsalter der Bevölkerung in den ostdeutschen Bundesländern. Nach 1990 zogen überproportional viele junge Menschen mit geringen Sterberisiken aus den östlichen Regionen weg.

"In der zurückbleibenden Bevölkerung stieg somit das Durchschnittsalter deutlich an und das Gesundheitsverhalten wurde durch die ungünstigen Arbeitsbedingungen vor Ort negativ beeinflusst", sagte Co-Autor Michael Mühlichen der Nachrichtenagentur KNA.

Methodik

In der Studie wurden Datensätze aus 569 Regionen in 25 europäischen Ländern untersucht. Die Regionen seien in ihrer Größe vergleichbar, heißt es in der Studie.
Die eigentlich zu erwartende Lebenserwartung für die Jahre 2020 und 2021 wurde mit der tatsächlich gemessenen verglichen. Dazu wurde ein robuster Prognoseansatz gewählt, zudem wurden Konfidenzintervalle bestimmt.

Klares Ost-West-Gefälle in Europa in 2021

Ein Ost-West-Unterschied lässt sich für 2021 auch in Europa feststellen: In mehreren osteuropäischen Ländern lag die Lebenserwartung mehr als zweieinhalb Jahre unter dem statistisch zu erwartenden Wert. Besonders hohe Raten wiesen Regionen 2021 in der Slowakei, Ungarn und Lettland auf.

Die Ursachen für die großen regionalen Unterschiede in Europa seien komplex und ließen sich unter anderem auf den unterschiedlich großen Anteil "vulnerabler Menschen" zurückführen.

Neben dem hohen Durchschnittsalter trage auch dazu bei, dass viele östliche Regionen sich wirtschaftlich schlechter entwickeln. In den Regionen rauchen durchschnittlich mehr Menschen und trinken mehr Alkohol. Zudem bewegten sich die Menschen dort weniger und ernährten sich im Schnitt schlechter, heißt es in der Studie.

Daten aus 569 Regionen ausgewertet

Die Übersterblichkeit wurde für die Jahre 2020 und 2021 in insgesamt 569 Regionen in 25 europäischen Ländern betrachtet. Dabei bezogen sich die Forscher auf die langfristige Entwicklung der Lebenserwartung vor dem Jahr 2020 - auf dieser Basis waren Werte für die Jahre 2020 und 2021 prognostiziert worden.

Die Abweichung dieser eigentlich erwarteten Werte zu den tatsächlich gemessenen Werten ergab die Über- oder Untersterblichkeit in den Regionen. Wegen der umfangreichen Datenrecherche und Aufbereitung sowie anschließender Prüfverfahren konnten die Forscher ihre Arbeit erst jetzt vorstellen.