Ägypten Kopten nach Brand in Kirche unter Schock
Ein Feuer in einer koptischen Kirche hat zahlreiche Menschen das Leben gekostet. Die Flammen überraschten die Gläubigen während eines Gottesdienstes. Die Glaubensgemeinschaft steht unter Schock.
Der Schock steht den Menschen nahe der koptischen Kirche im Stadtteil Imbaba noch immer ins Gesicht geschrieben: "Ich hörte Schreie und Gebrüll", erzählt Anwohner Seif Ibrahim. "Wir haben versucht, das Feuer mit Wassereimern zu löschen. Die jungen Männer haben sich ihr T-Shirt übers Gesicht gezogen und sind ins Gebäude gerannt, um so viele Frauen und Kinder wie möglich zu retten."
"Das Feuer hat sich binnen Minuten in der ganzen Kirche ausgebreitet", berichtet Helfer Mahmoud. "Zwei Leute sprangen aus dem Fenster. Wir haben dem einen eine Decke als Sprungtuch ausgebreitet, aber er schlug trotzdem auf dem Boden auf und wir konnten ihn nicht retten."
Brandursache wohl überhitzter Generator
Lodernde Flammen schlugen am Sonntagmorgen aus dem zur Kirche umfunktionierten Mehrfamilienhaus, ausgerechnet während eines gut besuchten Gottesdienstes. Offenbar ein technischer Defekt der Klimaanlage, heißt es von Behörden - ein überhitzter Generator, der die Klimaanlage betrieb, soll in Flammen aufgegangen sein. Unter den Toten sind zahlreiche Kinder, die im oberen Stockwerk während der Messe betreut wurden - dort brach das Feuer offenbar als erstes aus.
Youssef war als einer der ersten Helfer im Gebäude. Der junge Mann mit Baseball-Kappe kämpft mit den Tränen: "Da waren so viele Kinder, die Szene war grauenvoll. So viele Kinder", sagt er. "Ich griff ein Kind und brachte es nach draußen. Und dann das nächste. 15 haben wir vielleicht gerettet, aber da waren so viele. Ich habe ein kleines Kind gefunden, vielleicht zwei Jahre alt, ohne Bewusstsein. Ich bin so traurig. Sie waren alle ohne Bewusstsein, ich kann nicht sagen, wer noch lebte und wer schon gestorben war."
Teils illegale Gebäude
Das Unglück ereignete sich im Arbeiter-Stadtteil Imbaba, nicht weit von der Kairoer Innenstadt entfernt. Ein sehr armes Viertel, in dem die Häuser dicht an dicht stehen - teilweise sind die Straßen sogar zu eng für Rettungswagen. Immer wieder kam es bereits in der Vergangenheit in solchen Gegenden Kairos zu verheerenden Bränden, weil das Feuer schnell von einem auf das nächste Haus überspringen kann - und die teilweise illegal gebauten Gebäude keine Notausgänge oder Feuertreppen haben.
"Es gibt zehntausende dieser Kirchen in den dicht bevölkerten Wohnvierteln", so Ashraf Al Ashry, Chefredakteur der ägyptischen Zeitung Al Ahram. "Diese Gebäude zu erreichen ist für Helfer sehr schwierig. Wir brauchen jetzt Analysen über den Status dieser alten Kirchen, die bislang keinen oder nur zu geringen Schutz haben."
Sisi kündigt Untersuchung an
Einige Tote wurden noch am Abend beerdigt. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al Sisi kondolierte den Opferfamilien und versprach großzügige Entschädigungszahlungen. In den kommenden Tagen soll eine Untersuchungskommission herausfinden, was tatsächlich die Brandursache war. "Der Zustand der Kirchen wie dieser wird jetzt untersucht", so der Staatschef. "Das was hier passiert ist, ist ein Weckruf für alle Ägypter, auch für die staatlichen Behörden. Dieser grauenhafte Unfall zeigt, dass wir hier dringend neue Reglungen und Gesetze brauchen, schon in den kommenden Stunden und Tagen."
In Ägypten sind etwa zehn Prozent der Bevölkerung koptische Christen. Immer wieder klagt die religiöse Minderheit über Benachteiligungen, so gelten beispielsweise für den Bau von Kirchen strenge Regeln als für den Bau von Moscheen, heißt es. Deshalb werden oft einfache Wohnhäuser zu Kirchen umfunktioniert - ohne entsprechende Sicherheitsstandards. Nach mehreren Anschlägen auf Gläubige in den vergangenen Jahren wurden die Sicherheitskontrollen bei Gottesdiensten deutlich verschärft. Doch gerade die Elektrotechnik ist an vielen Orten Ägyptens völlig veraltet.