Tote nach Brand in Johannesburg "Die Menschen saßen in der Falle“
Mindestens 73 Menschen sind bei einem Brand in Johannesburg ums Leben gekommen. Die Ursache des Feuers ist weiter unklar. Was der Brand aber schon jetzt ausgelöst hat: eine Diskussion über die Missstände in der Stadt.
Noch immer riecht es in der Innenstadt von Johannesburg nach Qualm, dabei ist das Feuer längst gelöscht. Die Folgen aber sind nicht abzusehen. Nach wie vor ziehen Mütter ihre Kreise und fragen jeden nach ihren Kindern.
"Ich habe meine Tochter eine Weile nicht gesehen. Sie wohnt in dem Haus. Ich hoffe, ich finde sie lebend", sagt eine Frau. Eine andere sucht ihren Sohn: "Ich will doch einfach nur wissen, wo er ist."
Menschen warten vor einem gelben Absperrband und beobachten die Löscharbeiten. Der Johannesburger Stadtverwaltung zufolge sind 141 Familien vom Brand betroffen.
Wenn Sicherheitsgitter zur Falle werden
Die Angst und Sorge ist ihnen ins Gesicht geschrieben. So viele Tote auf einmal, sagt einer der Feuerwehrmänner, habe er in 23 Berufsjahren nicht gesehen. Das Feuer war mitten in der Nacht ausgebrochen - aus noch ungeklärter Ursache.
Die Stadt Johannesburg ist geschockt, auch Kenny Gunene, der zum Stadtrat gehört. "Es gibt keinen Strom hier, es gibt keine Fluchtwege", erklärt er. Die Türen seien illegal mit Gittern gegen Einbrecher gesichert worden. "Dass Menschen gestorben sind, liegt doch daran, dass an jeder Tür diese Eisengitter sind, weil es sonst keine Sicherheit gibt. Menschen saßen in der Falle, als sie flüchten wollten."
Hunderte gekidnappte Gebäude
Obdachlose waren es nicht, die in dem Gebäude lebten, obwohl es als Obdachlosenunterkunft galt. Einer der Nachbarn sagte der ARD, die Menschen hätten 1.300 Rand im Monat an eine Frau gezahlt, deren Identität er nicht kannte. Diese Miete entspricht umgerechnet derzeit etwa 65 Euro - das ist sehr viel Geld für arme Menschen.
An die Stadt zahlen sie es nicht, obwohl das Gebäude im Besitz von Johannesburg ist. Ein Mann sagt nur: "Ich weiß, dass hier Syndikate das Sagen haben." Die Rede ist von sogenannten gekidnappten Gebäuden, die offiziell leer stehen, aber illegal von jemandem übernommen werden. Das ist Praxis in Johannesburg.
Schätzungen zufolge gibt es Hunderte Gebäude, um die sich die Stadt nicht kümmert oder kümmern kann und die so genutzt werden. Das hat viele Gründe: mangelndes Geld, oft wechselnde kommunale Regierungen, keine Konzepte dafür.
Stadtrat: Haus ist eigentlich ein Bürogebäude
Auch Andrew Marais, ein anderer Stadtrat, war am Ort des Geschehens und bestätigt "Wie das Gebäude genutzt wurde, ist illegal." Das Haus sei kein Wohnhaus, sondern ein Bürogebäude - zumindest seien mal Büros darin gewesen. Daher liege die Verantwortung dafür bei der Stadt.
"Es gibt aber auch das große Problem, dass so viele Menschen hierher strömen, und die Versorgung mit Unterkünften schlecht ist", so Marais. "Es gibt nicht genug Wohnraum, um alle unterzubringen, die hierher kommen und Arbeit suchen. Auch die Provinz und der Staat versagen dabei."
Anwohner erzählen von der Brand-Nacht
Versagen ist das ohne Zweifel. Unter den Toten sind auch sieben Kinder, das jüngste von ihnen war eineinhalb Jahre alt. Anwohner wie Mike Moyo, der im Haus gegenüber wohnt, erzählen von schrecklichen Szenen in der Nacht. "Einer der Männer, die aus dem Haus gelaufen kamen, hatte nur seine Unterhose an", sagt er. Er sei nach Hause gerannt und habe ihm Kleidung gebracht. Dann habe er Hilfe geholt.
"Der Mann war so außer sich, er weinte", erzählt Moyo weiter, "nicht wegen seiner Verbrennungen. Ich bin kein Arzt, aber am ganzen Körper waren Brandwunden. Er weinte wegen der Frau und des Babys, die er im Zimmer zurückgelassen hatte. Er weinte, weil er nicht ins Haus zurückgehen und versuchen konnte, sie zu retten."
Laut den Rettungsdiensten ist der Brand gegen ein Uhr ausgebrochen und habe etwa drei Stunden gedauert.
Die Flammen wüteten mehrere Stunden lang, fünf Stockwerke sind fast vollständig ausgebrannt. Die Überlebenden werden in verschiedenen Krankenhäusern behandelt. Auch wenn die Ursache des Feuers nach wie vor nicht fest steht: Was es aber ausgelöst hat, sind Diskussionen über Missstände in Johannesburg.