Klimakonferenz COP27 einigt sich auf Abschlusserklärung
Die Klimakonferenz hat sich in Ägypten auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Darin wurde der Aufbau eines Fonds für klimabedingte Schäden beschlossen. Ein Abschied von Öl und Gas wird nicht erwähnt. Scharfe Kritik kam von UN und EU.
In Ägypten hat sich die Weltklimakonferenz auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt. Darin festgehalten ist der Aufbau eines gemeinsamen Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden in ärmeren Ländern.
Zudem bekräftigten die rund 200 Staaten am frühen Sonntagmorgen ihren früheren Beschluss, die Verbrennung klimaschädlicher Kohle herunterzufahren. Ein Abschied von Öl und Gas wird nicht erwähnt.
Scharfe Kritik von Guterres und Timmermans
UN-Generalsekretär António Guterres warf der UN-Klimakonferenz vor, zentrale Ziele verfehlt zu haben. Es sei dort nicht gelungen, die "drastischen Emissionssenkungen" auf den Weg zu bringen, die notwendig seien, um die Erderwärmung einzudämmen, sagte er. "Unser Planet ist in der Notaufnahme", unterstrich der UN-Generalsekretär die Dramatik der Lage. "Wir müssen die Emissionen drastisch verringern und dies anzugehen hat die Klimakonferenz versäumt."
Auch EU-Kommissionsvize Frans Timmermans kritisierte die Abschlusserklärung mit scharfen Tönen als unzureichend und verfehlt. "Was wir vor uns haben, ist nicht genug als Schritt voran für die Menschen und den Planeten", so Timmermans. In den Verhandlungen habe es zu viele Versuche gegeben, sogar Einigungen der Vorjahreskonferenz von Glasgow zurückzuschrauben. Beim Verlassen des Saals müssten nun alle anerkennen, dass die Teilnehmer beim Kampf gegen die Erderwärmung nicht genug getan hätten.
Baerbock: "Welt verliert kostbare Zeit"
Außenministerin Annalena Baerbock zog eine gemischte Bilanz der Klimakonferenz. Beim Thema Ausgleichszahlungen für arme Länder, die besonders unter den Folgen der Erderwärmung leiden, sei ein Durchbruch gelungen. "Die Weltgemeinschaft schafft gemeinsame Finanzierungsmechanismen, um gezielt den am stärksten betroffen Menschen bei Klimakatastrophen zu helfen. Damit schlagen wir ein neues Kapitel in der Klimapolitik auf."
Zudem sei es gelungen, einen Rückschritt hinter die Ergebnisse der Klimakonferenzen von Glasgow und Paris zu verhindern, und das Ziel zu verteidigen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Baerbock beklagte aber: "Dass aufgrund der Blockade von einigen großen Emittenten und ölproduzierenden Staaten überfällige Schritte zur Minderung und zum Ausstieg aus fossilen Energien verhindert wurden, ist mehr als frustrierend. Die Welt verliert dadurch kostbare Zeit, Richtung 1,5-Grad-Pfad zu kommen."
Fonds für besonders gefährdete Länder
Mit dem Fond für Klimaschäden sollen unabwendbare Folgen der Erderhitzung wie immer häufigere Dürren, Überschwemmungen und Stürme, aber auch der steigende Meeresspiegel und Wüstenbildung abgefedert werden. Die Frage hatte sich als größter Streitpunkt durch die zweiwöchige Konferenz in Sharm El-Sheikh gezogen, die um rund 36 Stunden verlängert wurde.
In dem Beschluss werden keine Summen für den neuen Entschädigungsfonds genannt und auch nicht, wer genau einzahlen soll. Vorgesehen ist demnach zunächst die Einsetzung einer Übergangs-Kommission, die Empfehlungen dazu erarbeiten soll. Darüber soll dann auf der nächsten UN-Klimakonferenz Ende 2023 in Dubai beraten werden. Der Kommission sollen zehn Vertreter der Industriestaaten und 13 der Entwicklungsländer angehören.
Begünstigt werden sollen Entwicklungsländer, die besonders gefährdet sind. Auf diese Eingrenzung hatte besonders die EU gepocht. Allein die V20-Gruppe aus 58 besonders gefährdeten Staaten beziffert ihre Kosten in den vergangenen 20 Jahren auf 525 Milliarden Dollar (587,3 Milliarden Euro). Studien zufolge könnten die Schadenssummen weltweit bis zum Jahr 2050 auf 1,0 bis 1,8 Billionen Dollar jährlich ansteigen.
Guterres lobte den Fonds als "wichtigen Schritt in Richtung Gerechtigkeit". "Sicherlich ist das nicht genug, aber es ist ein dringend benötigtes politisches Signal, um verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen", sagte Guterres in einer auf Twitter veröffentlichten Videobotschaft.
"Ein "historischer Durchbruch"
Ani Dasgupta, Präsident der US-Denkfabrik World Resources Institute, sprach von einem "historischen Durchbruch". Der Fonds werde ein Rettungsring sein "für arme Familien mit zerstörten Häusern, Bauern mit ruinierten Feldern und Inselbewohner, die vom Zuhause ihrer Vorfahren vertrieben wurden". Zugleich reisten Vertreter der Entwicklungsländer ohne klare Zusagen darüber ab, wie der Geldtopf beaufsichtigt werden soll.
Dem World Resources Institute zufolge leben weltweit mehr als 3,3 Milliarden Menschen in Gegenden, die besonders gefährdet sind vom Klimawandel. Klimaexperte Jan Kowalzig von Oxfam Deutschland bezeichnete die Einigung als "Meilenstein" und "echten Erfolg im Kampf gegen den Klimawandel".
Jahrelang sei ein solcher Geldtopf von den reichen Staaten abgeblockt worden aus Angst, für das Verursachen der Klimakrise haftbar gemacht zu werden. "Dass sich die Industrieländer nun endlich bewegt haben, war mehr als überfällig angesichts der Zerstörungen, die die Klimakrise schon jetzt in vielen der ärmeren Länder des Globalen Südens anrichtet", sagte er.
COP27 bekennt sich zum 1,5-Grad-Ziel
Zudem beschloss die COP27 einen Plan mit grundsätzlichen Zielen zu Klimaschutz und -finanzierung. In diesem Text werden die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens bekräftigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber 1,5 Grad verglichen mit dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dafür seien sofortige und nachhaltige Senkungen der Treibhausgasemissionen erforderlich.
Bis 2030 sollen diese um 43 Prozent verglichen mit dem Stand von 2019 sinken und etwa 2050 soll weltweit Treibhausgasneutralität erreicht sein. Staaten, die dies noch nicht getan haben, sollen ihre nationalen Emissionsziele bis zum Jahr 2030 nachschärfen.
Heftige Debatten hatte es bis zuletzt darum gegeben, ob erstmals die Forderung nach dem Ausbau erneuerbarer Energien in den Text aufgenommen wird. Darauf hatte unter anderem die Europäische Union gedrängt. Beschlossen wurde nun eine deutlich weichere Formulierung. Gefordert wird ein "sauberer Energiemix", zu dem Energieproduktion mit geringem Treibhausgasausstoß sowie erneuerbare Energien gehören sollen.
Ebenfalls beschlossen wurde ein Aktionsprogramm zur Senkung der Treibhausgasemissionen. Um die Lücke bis zum 1,5-Grad-Pfad zu schließen, sollen die Staaten bis zur nächsten Klimakonferenz im November 2023 ihre nationalen Ziele für 2030 entsprechend nachbessern. Das Programm läuft zunächst bis 2026, kann aber verlängert werden. Grundlage ist der Glasgow Climate Pact von 2021. Das Programm fällt allerdings weniger ehrgeizig aus, als es die EU in den Verhandlungen gefordert hatte.
Welt bereits um 1,1 Grad erwärmt
2015 hatte die Weltgemeinschaft in Paris vereinbart, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Die Welt hat sich nun schon um gut 1,1 Grad erwärmt, Deutschland noch stärker. Ein Überschreiten der 1,5-Grad-Marke erhöht nach Warnungen der Wissenschaft deutlich das Risiko, sogenannte Kippelemente im Klimasystem und damit unkontrollierbare Kettenreaktionen auszulösen.