Deutscher Botschafter in Libyen Verteilung der Hilfsgüter verläuft nur schleppend
In Libyen kommen derzeit Hilfsgüter aus vielen Ländern an. Doch offenbar hapert es bei der Verteilung. Der deutsche Botschafter vor Ort forderte deshalb nun zusätzliches Engagement: Es fehle unter anderem eine funktionierende Verwaltung.
In Libyen ist die Lage eineinhalb Wochen nach der Überschwemmungskatastrophe mit Tausenden Toten weiterhin kritisch. Eine aktuelle Herausforderung sei die Verteilung der Hilfsgüter im Land. Dies hat der deutsche Botschafter in Libyen, Michael Ohnmacht, angemahnt. "Die riesige Menge von Hilfe, die ankommt in Bengasi oder auch Labrak, muss vor Ort auch verteilt werden", sagte Ohnmacht der Nachrichtenagentur dpa. "In Darna gibt es keine funktionierende Verwaltung mehr, auch aus dem traurigen Grund, dass unter den vielen Opfern vor Ort viele Mitarbeiter der Verwaltung sind."
Bengasi habe Ohnmacht zufolge einen gut eingerichteten, funktionierenden Hub zum Umschlagen der ankommenden internationalen Güter. "Das Überladen und Einladen in Lkw klappt ziemlich gut", sagte der Botschafter. Wie bei anderen Katastrophen von vergleichbarem Ausmaß gebe es aber einen "üblichen Trichter-Effekt", bei dem eintreffende Hilfsgüter nur langsam "ablaufen" würden.
Auch die USA liefern nun Hilfsgüter in Katastrophengebiete
Unzählige Länder, darunter Ägypten, Algerien, die Türkei sowie die Vereinigten Arabischen Emirate schickten bereits humanitäre Hilfe nach Libyen. Retter und Hilfsgüter oder Finanzhilfen kamen etwa auch aus Russland und von der Europäischen Union in dem nordafrikanischen Land an. Aus Deutschland trafen beispielsweise Matratzen, Zelte, Decken, Feldbetten, Generatoren und Babynahrung ein. Am Mittwoch hatte die Bundesregierung ihre Bereitschaft zu weiterer Unterstützung bekräftigt.
Auch die USA intensivierten inzwischen ihr Engagement: Zu Wochenbeginn hatten die Vereinigten Staaten bereits weitere Hilfe im Volumen von elf Millionen Dollar (rund zehn Millionen Euro) angekündigt. Nun stellen die USA auch Hilfsgüter für die Opfer der Überschwemmungskatastrophe bereit. Dazu gehören Notunterkünfte, Decken, Hygieneartikel, Plastikplanen und Wasserbehälter, wie die US-Botschaft auf der Online-Plattform X (vormals Twitter) mitteilte. Die Hilfsgüter aus einem US-Lager in Dubai seien in der Hafenstadt Bengasi eingetroffen und sollen durch die UN-Organisation für Migration (IOM) sowie andere Hilfsorganisationen an Menschen in Not verteilt werden.
Ohnmacht: "Infrastruktur und Bevölkerungsschutz zu kurz gekommen"
Ein weiteres Problem ist aber auch die schlechte Infrastruktur: In Libyen war nach dem Sturz und Tod von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. In dem gespaltenen Land kämpfen heute unzählige Milizen um Einfluss und Ressourcen, zudem ringen zwei schwache, verfeindete Regierungen im Osten und Westen des Landes um die Macht. Investitionen etwa in Straßen, Brücken oder Elektrizitätswerke wurden über Jahre verschleppt.
"Es ist ein Land, das früher eine funktionierende Infrastruktur hatte", sagte Ohnmacht. "Die politische Teilung des Landes und zahlreiche Konflikte der vergangenen zwölf Jahre haben natürlich Auswirkungen." Sicher seien dadurch "auch Infrastruktur und Bevölkerungsschutz zu kurz gekommen, wie so viele dringende Bedürfnisse der libyschen Bevölkerung".
UN: Mehr als 43.000 Vertriebene
Das Sturmtief "Daniel" hatte das nordafrikanische Libyen am 10. September erfasst. Nach den Überschwemmungen wurde die am stärksten betroffene Gegend in Darna im Osten für unbewohnbar erklärt. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bisher rund 4.000 Todesopfer identifiziert. Teils befürchten Retter aber, unter Trümmern im Schlamm noch Tausende weitere Leichen zu entdecken.
Zehntausende Menschen haben durch die Überschwemmungen ihre Heimat verloren. Jüngsten Schätzungen zufolge sind über 43.000 Menschen vertrieben worden, erklärte die Internationale Organisation für Migration (IOM) in einem Bericht. Insbesondere in Darna sorge der Wassermangel dafür, dass viele Menschen die Stadt verließen, hieß es.