Nach Militärputsch Machtverhältnisse in Niger weiter unklar
In Niger ist nach dem Militärputsch unklar, wer nun das Sagen hat. Die französische Regierung sieht noch die Möglichkeit zur Umkehr der Putschisten. Die UN setzen ihre humanitäre Hilfe vorerst aus.
Nach einem Militärputsch im westafrikanischen Niger ist die Lage weiterhin unübersichtlich. Bislang unklar ist, wer das Land nun regiert und welche Vermittlungsbemühungen begonnen wurden. Die Soldaten gaben bislang nicht bekannt, wer sie anführt. Auch der vor zwei Jahren ins Amt gewählte Präsident Mohamed Bazoum ist nicht zurückgetreten. Nach Berichten eines Reporters der Nachrichtenagentur dpa war die Lage in der Hauptstadt Niamey am Morgen aber ruhig.
Zu den letzten öffentlichen Mitteilungen der Regierung gehört ein Tweet des Präsidenten vom Donnerstag, in dem er mitteilte, die Demokratie werde Bestand haben. Außenminister Hassoumi Massoudou forderte in der Fernsehsendung France 24 die Menschen im Land auf, sich gegen die Putschisten zu stellen. Aus Kreisen des Präsidenten verlautete, Bazoum wolle nicht zurücktreten und die Gespräche dauerten an. Es war jedoch unklar, wer an diesen Gesprächen beteiligt war und wie sie verliefen.
Macron würde Sanktionen unterstützen
Die französische Regierung sieht noch Spielraum für eine Abwendung des Putsches. "Wenn ich von einem versuchten Staatsstreich spreche, dann deshalb, weil wir die Dinge nicht als endgültig betrachten", sagte Außenministerin Catherine Colonna laut französischen Medien am Rande der Reise von Präsident Emmanuel Macron nach Papua-Neuguinea. Die Putschisten in dem westafrikanischen Land hätten noch Zeit, den internationalen Forderungen nach Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten nachzukommen.
Macron sagte, er habe mit Bazoum gesprochen und arbeite mit den Staats- und Regierungschefs der Sahelregion zusammen, um die Demokratie in Niger zu verteidigen. Dabei unterstütze er auch eine mögliche Verhängung von Sanktionen. In französischen Diplomatenkreisen wurde die Lage als weiterhin "sehr verworren" bezeichnet.
Die Vereinten Nationen teilten mit, ihre humanitäre Arbeit in Niger angesichts der aktuellen Lage zu unterbrechen. In den vergangenen Jahren hatte sich die humanitäre Krise in dem Sahelstaat deutlich verschärft. Wie ein UN-Sprecher sagte, sind in dem Land 4,3 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen, mehr als doppelt so viele wie noch im Jahr 2017.
Unterstützung für Wagner-Gruppe
Für den weiteren Tagesverlauf kündigte eine zivilgesellschaftliche Unterstützer-Allianz der Putschisten Demonstrationen an. Gestern hatte das nigrische Innenministerium eigentlich jegliche Proteste "bis auf weiteres verboten", um die Bürger zu schützen, wie es hieß. Bei Demonstrationen am Donnerstagnachmittag hatten Unterstützer der Putschisten die Zentrale der Präsidentenpartei angegriffen und diese Medienberichten zufolge in Brand gesetzt.
Wie die Nachrichtenagentur AP berichtete, versammelten sich mehrere Hundert Menschen in der Hauptstadt Niamey und skandierten Unterstützung für die russische Söldnertruppe Wagner. Sie schwenkten auch russische Fahnen und zündeten Autos an.
Russland baut seinen Einfluss in afrikanischen Staaten aus - unter anderem über die Wagner-Gruppe, die etwa in Mali aktiv ist, wo sie im Gegenzug für Bodenschätze für Sicherheit sorgt. Auch in Burkina Faso fasst Wagner langsam Fuß. In beiden Staaten war es in den vergangenen Jahren zu Militärputschen gekommen.
Bei einer Demonstration in der Hauptstadt Niamey wird die russische Fahne geschwenkt.
Niger im Fokus westlicher Bemühungen
Offiziere der Präsidentengarde hatten den demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum am Mittwoch in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt. Die Streitkräfte Nigers stellten sich am Donnerstag auf die Seite der rebellierenden Militärs. Die Putschisten warnten ausländische Staaten davor, militärisch einzugreifen. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.
Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission in Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Niger ist in den vergangenen Jahren in den Mittelpunkt der westlichen Bemühungen gerückt, dem gewaltsamen Vormarsch der Dschihadisten in Westafrika und auch einem wachsenden militärischen Einfluss Russlands entgegenzuwirken. Auch rund 100 deutsche Soldaten sind in dem Land. Sie arbeiten auf einem Lufttransportstützpunkt in Niamey.