Illegale Goldsucher, in Südafrika "Zama-Zamas" genannt, schürfen in den verlassenen Minen um Johannesburg nach Glücksfunden.

Selbstjustiz in Südafrika "Das waren die 'Zama-Zamas'! Jagt sie!"

Stand: 17.08.2022 06:46 Uhr

Nach einer Massenvergewaltigung in einer Johannesburger Mine stehen illegale Goldsucher unter Generalverdacht. Mit voller Wucht trifft sie der Zorn der Anwohner, die auch zu Selbstjustiz bereit sind.

Sie wollten nur ein Musikvideo drehen, doch dann wurden sie überfallen. Bewaffnete und vermummte Männer zwangen eine Filmcrew, sich auf den Boden zu werfen, dann gingen sie mit großer Brutalität vor: Acht der 22 Crew-Mitglieder waren Models, junge Frauen zwischen 19 und 35 Jahren alt. Sie wurden brutal vergewaltigt, stundenlang, manche der Frauen bis zu zehn Mal. "Ich habe meine Augen zugemacht und habe angefangen zu weinen, als ich gesehen habe, was sie meiner Freundin antun", sagte eine der Frauen später aus. "Kurz darauf begannen sie, auch mich zu vergewaltigen."

Dann rissen die Angreifer die Wertsachen und die Video-Ausrüstung der Crew an sich, und verschanzten sich in illegalen, eigentlich längst geschlossenen Goldminen. Die Polizei kam erst eine Stunde danach zum Tatort, stellte aber schließlich die Verdächtigen. Dabei wurden zwei Verdächtige erschossen und mehr als 120 verhaftet. Sieben sind mittlerweile der Vergewaltigung angeklagt.

Dann begannen Anwohner, Jagd auf weitere Verdächtige zu machen. Jahrelang aufgestaute Wut entlud sich, mit einer gehörigen Portion Fremdenfeindlichkeit vermischt. Denn für die Anwohner war sofort klar: "Das waren die 'Zama-Zamas'! Jagt sie!"

"Die Polizei tut nichts", sagen Anwohner

'Zama-Zamas', das sind illegale Goldsucher, die in stillgelegten Minen nach Resten des Edelmetalls suchen - wobei "Goldmine" in diesem Zusammenhang ein grandioses Wort ist: Meistens sind es nur selbstgegrabene Löcher im Boden, unter denen sich Höhlen befinden, in denen noch kleine Mengen von Gold vermutet werden. Tausende dieser stillgelegten Minen gibt es rund um Johannesburg.

Etwa zwei Drittel der 'Zama-Zamas', die darin graben, sind illegale Einwanderer aus Lesotho, Simbabwe, Mosambik und Malawi. Es sind aber auch Südafrikaner dabei, arbeitslos geworden, nachdem die Minen stillgelegt worden waren. 'Zama-Zamas', das bedeutet "Wir versuchen es - wir versuchen es wirklich!". Sie haben bei den stillgelegten Goldminen eine Parallelgesellschaft errichtet, in der nur ihre eigenen Gesetze gelten sollen.

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es wirklich 'Zama-Zamas' waren, die die grauenvolle Massenvergewaltigung begangen haben, aber bewiesen ist es noch nicht. Die Anwohner gehen aber längst davon aus - und handeln. Bewaffnet mit Stöcken, Beilen und Hämmern drangen sie in die Hütten der 'Zama-Zamas', schleppten deren ärmliche Habseligkeiten hinaus und zündeten sie an, brannten schließlich auch die Hütten nieder. Viele der illegalen Minen wurden zugeschüttet.

"Wir müssen das tun", sagte eine Anwohnerin über die Hetzjagd. "Wir können nicht anders handeln, die Polizei tut nichts." Ein Sprecher der Regierungspartei ANC sagte: "Wir haben die offene Jagd auf die illegalen Ausländer eröffnet. Sie dürfen sich in Südafrika nicht mehr sicher fühlen." Auch er erwähnte mit keinem Wort, dass knapp 30 Prozent der 'Zama-Zamas' Südafrikaner sein dürften. Nur mit Mühe gelang es der Polizei in den Tagen danach, die Anwohner an Lynchjustiz zu hindern.

Beweisaufnahme dauert an

Die Anwohner beschuldigen die Polizei, seit Jahren nichts gegen die illegalen Goldsucher zu tun: Meistens würde sie nicht einmal am Tatort erscheinen, wenn ein Verbrechen gemeldet wird. "Wir fühlen mit den Opfern", sagte eine Anwohnerin. "Aber hier, in unserer Gemeinde, sind Vergewaltigungen fast der Normalfall. Sie geschehen jeden Tag." In manchen Gegenden sei die Situation so schlimm, dass die Anwohner selbst eine Ausgangssperre ab 18 Uhr abends verhängt hätten.

Schließlich beschuldigten einige der Anwohner die Polizei sogar, von den 'Zama-Zamas' Schmiergeld zu erhalten, damit diese ihre Straftaten ungeschoren verüben könnten: Für die selbst für südafrikanische Verhältnisse immens hohe Kriminalitätsrate bei den illegalen Goldminen seien allein die Goldsucher verantwortlich. Der offiziellen Kriminalstatistik zufolge wird in Südafrika alle zwölf Minuten eine Vergewaltigung begangen. In Wirklichkeit sind es viel mehr, denn die allermeisten Vergewaltigungen werden nicht gemeldet.

Die medizinische Beweisaufnahme der Massenvergewaltigung an der Videodreh-Gruppe wird noch einige Tage dauern, DNA-Analysen sind angeordnet worden. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa verurteilte die schreckliche Tat, warnte aber ebenfalls vor Selbstjustiz.

In seiner Regierung gibt es auch einen Polizei-Minister. Der Mann heißt Bheki Cele und meldete sich einige Tage nach der Massenvergewaltigung zu Wort. Er habe gehört, dass eine der jungen Frauen, im Gegensatz zu den anderen, nur einmal vergewaltigt worden sei. Da habe sie ja nochmal Glück gehabt, sagte Cele. Seltsamerweise musste der Mann noch nicht zurücktreten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete SWR3 am 31. Juli 2022 um 12:28 Uhr.