Prozess gegen Trump Welche Strategie verfolgt der Staatsanwalt?
Die Argumentation der Anklage im Schweigegeld-Prozess gegen Ex-US-Präsident Trump ist kompliziert. Denn es geht nicht um den Vorwurf der Zahlung selbst. Hat Staatsanwalt Bragg überhaupt eine Chance?
Ganz ruhig holt Manhattans Bezirksstaatsanwalt vor etwa einem Jahr seine Zettel raus. Alvin Bragg stellt sich ans Mikrofon und verkündet seine Entscheidung: Donald Trump sei in 34 Punkten wegen der Fälschung von Geschäftsunterlagen ersten Grades angeklagt.
Er habe auch andere dazu angestiftet. Trump habe behauptet, seinen damaligen Anwalt Michael Cohen für seine juristische Arbeit bezahlt zu haben. Das sei schlichtweg falsch gewesen.
Weder das FBI, noch Braggs Vorgänger, der kämpferische Oberstaatsanwalt Cyrus Vance, hatten dieses heiße Eisen angefasst und getan, was nun der renommierte Harvard-Jurist tut: Trumps mutmaßliche Finanzfälschung mit einer Wahlverschwörung in Verbindung zu bringen.
"Normalerweise ein minderes Vergehen"
Der heute 50-jährige Demokrat Bragg wird von vielen gefeiert: als der erste, der es wagt, einen ehemaligen US-Präsidenten anzuklagen. Doch es gibt genauso viele, die sagen, Bragg bewege sich auf dünnem Eis.
Es sei schon eine sehr spezielle Anklage, sagt etwa die ehemalige Staatsanwältin Annemarie McAvoy: "Normalerweise wäre das ein minderes Vergehen. Nur im Zusammenhang mit einer Straftat würde eine Falschbuchung selbst zur Straftat. Und sie spielen darauf an, dass diese Straftat mit der Finanzierung von Wahlkampf zu tun hat. Ein sehr merkwürdiger Weg."
"Sehr konstruiert"
Es geht um 130.000 Dollar, die Trump über seinen damaligen Anwalt Michael Cohen an Ex-Pornostar Stormy Daniels zahlen ließ. So sollte sichergestellt werden, dass Daniels über eine angebliche Affäre mit Trump, kurz nachdem dessen Frau Melania ihren Sohn geboren hatte, schweigt.
Nach Ansicht seines Anklägers hatte Trump die Bilanzen gefälscht, um Informationen, die ihm während seines Wahlkampfs schaden könnten, nicht öffentlich werden zu lassen. Trumps Zahlungen an Daniels hätten außerdem die bundesstaatlichen Grenzen für Wahlkampffinanzierung überschritten.
Selbst unter Demokraten umstritten
Das sei sehr konstruiert, meint Bill McGurn, Redenschreiber des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush, dem Wall Street Journal: "Alvin Bragg wollte Donald Trump anklagen. Er stieß auf die Ordnungswidrigkeit. Und dann vermischte er all diese Rechtstheorien. So dass selbst demokratische Juristen und Beobachter das kritisieren."
Der ehemalige Demokraten-Berater Julian Epstein sprach im konservativen TV-Sender Fox News gar von einer missbräuchlichen Anklage eines Strafverfolgers, um Trump zu stellen. Bragg dehne die Rechtslehre zu sehr aus, so seine Kritiker. In einer Weise, die es den zwölf Geschworenen schwer machen könnte, ein einstimmiges Urteil zu fällen. Das wäre nötig, damit der Prozess nicht platzt.
Bragg: "Richte mich nur nach den Fakten"
Bragg verteidigt seine Anklage. Die Anschuldigungen gegen Trump seien in der Finanzhauptstadt des Landes nichts Ungewöhnliches - und hier werde jeder nach gleichem Recht behandelt: "Seit über 20 Jahren habe ich als Staatsanwalt gegen alle ermittelt, Demokraten, Republikaner, Unabhängige, gegen Ex-Staatsanwälte, einen FBI-Agenten und Bürgermeister", sagt er. "Ich richte mich nur nach den Fakten, unabhängig von der Partei: Was hat wer getan - und was sagt das Gesetz dazu?"
Kollegen, die ihn kennen, nehmen es Bragg ab. Der erste schwarze Oberstaatsanwalt in Manhattan würde nichts anfassen, womit er sich blamieren könnte, sagen sie. Und manche denken, Trumps Ankläger könnte für die nächsten Wochen noch einige Überraschungen parat haben.