Campus-Proteste in den USA Gefahr für Bidens Wahlkampf?
Studierende im ganzen Land protestieren gegen die US-amerikanische Unterstützung von Israel. Hunderte wurden bereits festgenommen. Für Bidens Wahlkampf könnten die Proteste der jungen Menschen zum Problem werden.
Der Statue von George Washington auf dem Vorplatz der gleichnamigen Universität in Washington haben Studierende eine palästinensische Flagge umgehängt. Um den Hals ist eine Kufiya, ein sogenanntes Palästinenser-Tuch, gewickelt. Drumherum stehen Zelte, ein Protest-Camp.
Rund 100 Menschen haben sich davor versammelt. Es sind Studierende von verschiedenen Unis aus der Stadt, erzählt die 25-jährige Anna, die selbst von der Georgetown University kommt: "Es gibt eine Gruppe, die an den Unis in D.C. Proteste organisiert. Ich bin hier, um die an der George Washington University zu unterstützen - und natürlich die palästinensische Zivilgesellschaft, die so brutal angegriffen wird."
Mit Sprechgesängen fordern die Protestierenden, dass ihre Uni sich von Unternehmen trennen soll, die Verbindungen nach Israel haben. Ein junger Mann, 28 Jahre alt, der seinen Namen lieber nicht nennen will, erklärt: "Ich denke, es geht darum, wie viel junge Leute zahlen, um hier studieren zu können - und dann wird ein Teil davon in Waffen investiert. Ich habe das Gefühl, dass gerade die Jüngeren sich an diesem militärisch-industriellen Komplex nicht mehr beteiligen wollen."
Proteste an Unis im ganzen Land
Viele Universitäten in den USA haben ihr Geld unter anderem am Aktienmarkt angelegt. Konzerne, die beispielsweise Waffen an Israel liefern, sollten davon nicht profitieren, so die Forderung von Studierenden - und die werden aktuell an Unis im ganzen Land immer lauter: auf dem Campus von Harvard oder Yale, an Universitäten in Austin oder Atlanta.
Bei den Protesten wurden zuletzt mehrere Hundert Personen festgenommen. In Washington ist die Stimmung zunächst friedlich, aber angespannt. Die meisten hier wollen sich lieber nicht vor einem Mikro äußern.
Mancherorts bereits Abschlussfeiern abgesagt
Der Angriff der Hamas auf Israel wird auf dem Campus in Washington nicht erwähnt. Weil sich jüdische Studierende von den Protesten bedroht fühlten, findet der Lehrbetrieb der New Yorker Columbia University größtenteils nur noch online statt. Die University of Southern California in Los Angeles hat ihre zentrale Abschlussfeier für die diesjährigen Absolventinnen und Absolventen abgesagt.
Solche Vorkehrungen findet der 28-Jährige, der in Washington demonstriert, sogar nachvollziehbar. Es gäbe wieder mehr Antisemitismus, sagt er. Der Protest, bei dem er dabei ist, sei jedoch kein Angriff auf jüdische Menschen, eher auf die US-Regierung.
Das sieht auch Anna so. Präsident Joe Bidens Israel-Politik ist für sie entscheidend, wenn es darum geht, wen sie im November wählen wird: "Wir sind hier, um zu zeigen, dass wir in dieser Sache überhaupt nicht auf Bidens Seite stehen." Es sei schrecklich, dass der Senat gerade mehr Geld für Israel beschlossen hat. "12.000 Kinder wurden getötet, und sie werden nicht aufhören, solange die USA nicht aufhören."
Nur geringe Zustimmung für Unterstützung Israels
Daten vom Pew Research Center zeigen: Nur etwa sieben Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner unter 30 befürworten, dass die USA Israel militärisch unterstützen. Für Biden könnte das noch zum Problem werden.
Der 28-Jährige in Washington glaubt, dass es für beide Präsidentschaftskandidaten schwierig wird, die Stimmen der jungen Leute zu ignorieren. Normalerweise würden sie das sowieso tun, meint er, aber aus seiner Sicht werden die Proteste dann nur noch größer werden.