Freihandelszone mit Mercosur-Staaten Der Wirtschaftspakt muss noch viele Hürden nehmen
In Zeiten drohender Handelskriege wollen die Mercosur-Staaten und Europa mehr Freihandel wagen. Nun steht das Vertragswerk, das eine Wirtschaftszone aus 32 Ländern schafft. Doch in der EU gibt es einflussreiche Gegner.
Ein historischer Meilenstein sei erreicht worden, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von Leyen sichtlich erleichtert und sichtlich stolz in Uruguays Hauptstadt Montevideo. Ungeachtet anhaltender Bedenken hat sie durchgebracht, was viele lange nicht mehr für möglich hielten.
Nach 25 Jahren ist ein regelrechter Verhandlungsmarathon um das EU-Mercosur-Abkommen nun abgeschlossen. Geschaffen werden soll die größte Freihandelszone der Welt: mit mehr als 700 Millionen Menschen aus 32 Ländern, die verantwortlich sind für 20 Prozent der Weltwirtschaft. Für 91 Prozent aller zwischen EU und Mercosur gehandelten Waren sollen die Zölle schrittweise abgebaut werden.
Eine Botschaft an Trump
"Wir glauben, dass Offenheit und Zusammenarbeit die wahren Motoren für Fortschritt und Wohlstand sind", erklärte von der Leyen. "Ich weiß, dass starke Winde in die entgegengesetzte Richtung wehen, in Richtung Isolation und Fragmentierung. Aber dieses Abkommen ist unsere klare Antwort."
Das war natürlich auch eine Botschaft an den künftigen US-Präsidenten Donald Trump: In Zeiten zunehmenden Protektionismus und Handelskonflikte wollen Südamerika und Europa mehr Freihandel wagen. Das Gerüst dazu steht als Vertragstext. Doch das bleibt der erste Schritt.
Und es gibt weiterhin einflussreiche Gegner. Allen voran aus Frankreich, Italien oder Polen. Präsident Emmanuel Macron fürchtet Nachteile für die französischen Landwirte, etwa durch billigere Geflügel- und Rindfleischimporte aus Südamerika.
"Zeitpunkt sehr unglücklich"
Kritik gibt es auch von Umweltschützern: Das Abkommen schaffe wenige Gewinner, schreibt Greenpeace. Zu den Profiteuren zählten Autobauer, Chemie-, Agrar- und Ölkonzerne, die nun noch mehr Gewinne mit klimaschädlichen Produkten erzielen könnten.
Der Text müsse genau darauf beleuchtet werden, dass der Handel nicht zu mehr Entwaldung beitrage, erklärte die handelspolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament, Anna Cavazzini. "Ich persönlich finde den Zeitpunkt, den von der Leyen zum Abschluss jetzt gewählt hat, sehr unglücklich", fügte sie hinzu.
Der Widerstand gegen das Abkommen in der Europäischen Union würde steigen. In Frankreich gebe es Instabilität. Auch Polen habe sich wie andere Mitgliedstaaten dagegen ausgesprochen. "Ich finde es nicht besonders klug, in diesen Zeiten jetzt Europa zu spalten."
Streitpunkt waren Umweltauflagen
Doch auch von südamerikanischer Seite gab es lange Bedenken. So sorgten die Versuche Europas, strengere Umweltauflagen in das Abkommen zu verhandeln, gerade beim einflussreichen Agrarsektor für Misstrauen. Denn im Grunde gab es ja schon seit 2019 eine Grundsatzeinigung. Doch diese lag, vor allem wegen Umweltbedenken, auf Eis.
Damals war in Brasilien Jair Bolsonaro an der Regierung. Das alte Abkommen wurde nun überarbeitet und aktualisiert. Brasiliens jetziger Präsident Lula da Silva, der selbst in drei Amtszeiten am Deal mitarbeitete, zeigte sich zufrieden: "Nach Jahren intensiver Verhandlungen verfügen wir heute über einen modernen und ausgewogenen Text."
Das Abkommen erkenne die Umweltfreundlichkeit der Mercosur-Staaten an und bekräftige deren Engagement für die Pariser Klimaabkommen. "Die globale geopolitische und wirtschaftliche Realität zeigt uns, dass Integration unsere Gesellschaften stärkt, unsere Produktionsstrukturen modernisiert und unsere wettbewerbsfähigere Eingliederung in die Welt fördert", erklärte da Silva.
Macron setzt auf eine Sperrminorität
Bevor das Abkommen wirklich in Kraft treten kann, braucht es noch sehr viele kleine, aber auch große Schritte. In der EU muss der Vertragstext verteilt, übersetzt, geprüft werden. Die EU-Staaten müssen das Abkommen dann mit qualifizierter Mehrheit beschließen.
Dagegen versucht Frankreichs Präsident Macron eine sogenannte Sperrminorität zu organisieren, um einen Beschluss zu verhindern. Es ist also noch viel Verhandlungsgeschick gefragt. Mit einer Ratifizierung wird, im besten Fall, Ende 2025 gerechnet.