Ausnahmezustand in Haiti Gewalt verhindert Heimreise des Regierungschefs
Bewaffnete Banden stürzen Haiti ins Chaos. Sie wollen den Rücktritt von Regierungschef Henry erzwingen. Der konnte nach einer Auslandsreise nicht ins Land: Wegen der Gewalt war der Flughafen gesperrt.
Die Eskalation der Bandengewalt in Haiti hat offenbar die Rückkehr von Ministerpräsident Ariel Henry verzögert. Aufgrund der Gewalt konnte der Flughafen der Hauptstadt Port-au-Prince nicht angeflogen werden. In der benachbarten Dominikanischen Republik erhielt Henry keine Landegenehmigung, wie die dominikanische Mediengruppe CDN berichtete. Die Dominikanische Republik setzte am Dienstag alle Flüge nach Haiti aus.
Die Behörden des Karibikstaats Puerto Rico bestätigten am Dienstagabend, dass Henrys Regierungsmaschine kurz dort gelandet sei. Sie wisse aber nicht, ob Henry sich noch in Puerto Rico aufhalte, sagte die Sprecherin des Gouverneurs der Nachrichtenagentur AFP. Es wird erwartet, dass er in die Dominikanische Republik weiterreisen will, um von dort nach Haiti zu fliegen.
Die haitianische Regierung rief am Sonntagabend den Ausnahmezustand aus und verhängte ein nächtliches Ausgehverbot. Die Regierung begründete ihre Entscheidung mit dem Versuch, auf den Straßen wieder die Oberhand zu gewinnen, nachdem bewaffnete Banden bei einem Angriff auf das größte Gefängnis des Landes in der Nacht zum Sonntag fast alle 4.000 Inhaftierten befreit hatten.
Hilfe aus Kenia erbeten
Rivalisierende bewaffnete Gruppen, die weite Teile des Landes beherrschen, kämpfen offenbar gemeinsam für den Rücktritt des Regierungschefs, der eigentlich Anfang Februar aus dem Amt scheiden sollte. Vergangene Woche war Henry nach Kenia gereist, wo er ein Abkommen über den Einsatz von kenianischen Polizeikräften in Haiti unterzeichnete. Kenia hatte sich bereit erklärt, eine multinationale vom UN-Sicherheitsrat gebilligte Eingreiftruppe zu leiten, um die Lage in Haiti zu stabilisieren.
Haiti in der Dauerkrise
Der Karibikstaat Haiti steckt seit Jahren in einer schweren Krise, zu der neben Bandengewalt auch politische Instabilität und wirtschaftliche Not gehören. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der auf humanitäre Hilfe angewiesenen Menschen in dem Land nach UN-Angaben verdoppelt. Die Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Jahr 2021 verschärfte die Sicherheitslage dramatisch. Allein im Januar wurden nach UN-Angaben in Haiti mehr als 1.100 Menschen getötet, verletzt oder entführt. Die kriminellen Banden im Land sind anscheinend besser bewaffnet als die Polizei. Seit 2016 gab es keine Wahlen mehr in dem Karibikstaat. Der Posten des Präsidenten ist vakant.