Regierungsgegner protestieren in der kubanischen Hauptstadt Havana.

Kuba Harte Urteile nach Protesten

Stand: 28.07.2021 03:17 Uhr

Nach den Protesten in Kuba vor gut zwei Wochen sind inzwischen Dutzende Demonstranten verurteilt worden. Die kubanische Justiz verhängte Strafen von bis zu einem Jahr Gefängnis. Menschenrechtsaktivisten kritisieren die Verfahren.

Von Anna Hanke, ARD-Studio Mexiko-Stadt

Dutzende Menschen protestieren am 11. Juli vor dem kubanischen Institut für Radio und Fernsehen friedlich gegen die Einschränkung des Internets. Plötzlich fährt ein Lastwagen vor, Sicherheitskräfte in Zivil greifen mehrere Demonstranten heraus und werfen sie auf die Ladefläche. Die Demonstrationen vor gut zwei Wochen waren die größten seit Jahrzehnten in dem kommunistischen Land. Im Internet kursieren mehrere Videos, die zeigen, wie Kubanerinnen und Kubaner aufgegriffen werden.

Noch immer sind zahlreiche Menschen verschwunden oder werden festgehalten. Genaue Zahlen gibt es nicht, die Schätzungen verschiedener Menschenrechtsorganisationen reichen von mehr als 200 bis über 800.

Bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe

Die Rechtsanwältin Laritza Diversent unterstützt mit ihrer Organisation Cubalex von den USA aus Angehörige von Menschen, die festgehalten werden. Anwaltliche Unterstützung in Kuba ist schwierig, sagt Diversent, die vor einigen Jahren ins Exil gezwungen wurde. Viele Verteidiger stünden selbst unter Druck.

Es gibt Beschwerden, weil sich Anwälte geweigert haben bestimmte Fälle aus politischen Gründen anzunehmen oder ihren Klienten geraten haben, keine Aussagen in den sozialen Netzwerken oder vor der Presse zu machen. Auch wurde ihnen empfohlen, keinen Einspruch zu erheben, weil sich dadurch die Situation verschlimmern könnte.

Inzwischen hat die kubanische Justiz erste Urteile gesprochen - und mitunter harte Strafen verhängt: Bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe wegen Störung der Öffentlichen Ordnung, Anstiftung zum Aufruhr und Missachtung der Behörden.

60 Verurteilungen am Wochenende

Auch der junge Fotograf Anyelo Troya wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Er hatte bei den Protesten fotografiert. Seine Mutter Raisa González schildert das Gerichtsverfahren.

Sie haben die Jungs reingeführt. Es waren 10 oder 12. Alle wurden zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Mein Sohn hob ganz korrekt die Hand und sagte zum Richter, dass er Recht auf einen Anwalt hat. Ich sagte noch, sei bitte lieber still. Sie haben ihm die Handschellen angelegt. Ich sagte nochmal, sei bitte still, du bist nicht alleine. Ich werde alles gegen diese Ungerechtigkeit machen. Dann haben sie ihn abgeführt.

Der Vorsitzende des Obersten Volksgerichtes, Rubén Remigio Ferro, sprach am Wochenende von 19 Verfahren, bei denen fast 60 Demonstranten verurteilt worden seien. Kritik an den Gerichten wies er zurück.

Es wird behauptet, die Urteile wären im Schnellverfahren gefällt worden, was nicht stimmt. Es sind die Meinungen jener die versuchen unser Justizsystem anzuzweifeln und die Legitimität, Transparenz, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter in Frage zu stellen.

Verurteilung im "Schnellverfahren"

Die Exil-Anwältin Diversant widerspricht: "Die bisher verurteilten Personen wurden in Schnellverfahren verurteilt." Auch der in Havanna lebende Rechtsexperte Julio Antonio Fernández Estrada forderte Augenmaß bei der juristischen Aufarbeitung der Proteste.

Der Online-Plattform "El Toque" sagte Fernández Estrada, er gehe davon aus, dass die Mitarbeiter in den kubanischen Justizbehörden das Beste für das Land wollen. "Gerade in solchen Momenten ist die Unabhängigkeit der Gerichte entscheidend. Sie müssen darüber wachen dass es zu keinem Machtmissbrauch kommt und verstehen, dass die Bürger keine Feinde sind, nur weil sie protestieren."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 im Hörfunk am 28. Juli 2021 um 08:36 Uhr.