US-Repräsentantenhaus Mögliche McCarthy-Nachfolger bringen sich in Stellung
Nach der Abwahl des Sprechers des US-Repräsentantenhauses haben zwei Republikaner ihre Kandidatur erklärt. Für einen Neuanfang müssten sie die tief gespaltene Fraktion wieder einen.
Matt Gaetz lässt nicht locker. Auch die Entscheidung seiner Parlamentskollegen, die spektakuläre Entmachtung Kevin McCarthy während einer kurzen Auszeit zu verdauen, geißelt der Rechtsaußen-Rebellenführer mit der ihm eigenen Häme: "Diese Typen müssen erst mal nach Hause fahren, um für eine Woche zu flennen?", ätzt Gaetz. Und weiter: "Müssen die eine Woche Händeringen und ins Bett pinkeln?"
Reue klingt anders: Der Heißsporn aus Florida ist im Gegenteil stolz auf seinen Coup. "Der Grund für McCarthys Untergang ist, dass niemand ihm traut", behauptete Gaetz - was nicht ganz der Wahrheit entspricht: Schließlich haben 210 republikanische Abgeordnete versucht, den Sprecher im Amt zu halten. Es waren nur acht Radikale rund um Gaetz, die ihn gemeinsam mit der demokratischen Minderheit zu Fall brachten, mit dann 216 Stimmen.
Gaetz geht es nur um Selbstdarstellung
"Glauben Sie bloß nicht, dass Gaetz die Wahrheit sagt", schoss McCarthy zurück, "ich habe nicht ein einziges Mal gehört, dass Gaetz die Wahrheit sagt." An Matthew Louis Gaetz, 41 Jahre alt, Jurist aus Florida und Spross einer Politikerfamilie, scheiden sich die Geister: Er nennt sich selber einen 'freiheitlichen Populisten', schlug einst Donald Trump für den Friedensnobelpreis vor und sieht sich als Vorkämpfer für eiserne Haushaltsdisziplin. Daher auch der Putsch gegen McCarthy, der den politischen Gegner, die Demokraten, für einen Übergangshaushalt an Bord holte.
Die Mehrheit seiner Fraktionskollegen unterstellt Gaetz jedoch, es ginge ihm primär um Selbstdarstellung. Und sie sinnen auf Rache: Wer immer auf McCarthy folgt, so der republikanischen Abgeordnete Mike Lawler aus New York, müsse die acht Putschisten zur Rechenschaft ziehen. "Die haben gemeinsam mit den Demokraten unsere republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus torpediert", schimpft Lawler.
Erste Kandidaten äußern sich
Zwei Nachfolgewillige haben bereits ihre Kandidatur erklärt: Steve Scalise, bislang die Nummer zwei nach McCarthy, und der ultrarechte Trump-Loyalist Jim Jordan. Ambitionen nachgesagt werden auch Kevin Hern aus Oklahoma.
Jordan wurde gestern von einem CNN-Reporter gefragt, ob er nicht zu radikal wäre für den Führungsjob. "Wir sind eine konservative Mitte-Rechts-Partei", antwortete er. "Ich kann sie zusammenführen: Meine Überzeugungen sind absolut deckungsgleich mit denen von Konservativen im ganzen Land."
Ist also Jordan der ideale Mittler für die tief gespaltene Fraktion? Ken Buck, Abgeordneter aus Colorado, ist einer der sieben, die mit Gaetz McCarthy zu Fall brachten. Wie so viele Republikaner wurde auch er gefragt, ob er für Jordan oder für Scalise stimmen würde: "Eine Wahlempfehlung von mir käme nicht gut an", räumt Buck in realistischer Selbsteinschätzung ein. Deshalb wolle er sich erst einmal zurückhalten. Es gelte jedoch einen Kandidaten zu finden, dem beide Flügel vertrauen und der es ernst meint mit der Haushaltsdisziplin.
Konsequenzen für Gaetz und seine Gefolgsleute
Amerika muss sich ein wenig gedulden: Erst am Mittwoch kommender Woche tritt das Abgeordnetenhaus wieder zusammen, um dann möglicherweise zügig einen neuen Sprecher zu wählen. Die führungslose Parlamentskammer hat sich vorerst eine kleine Verschnaufpause gegönnt: Die Abgeordneten haben sich in ihre Wahlkreise zurückgezogen, um über die Konsequenzen aus dem McCarthy-Sturz nachzudenken.
Eine Reihe von republikanischen Abgeordneten hat gestern klargestellt, dass sie nur einen Kandidaten unterstützen werden, der die acht Parteirebellen, die den bisherigen Sprecher Kevin McCarthy zu Fall gebracht haben, zur Rechenschaft ziehen würde. Zudem wurden erste Stimmen laut, die einen Rauswurf von Gaetz, dem Rädelsführer der Rebellion, aus der Fraktion fordern.