TV-Duell Biden gegen Trump Grund zur Nervosität bei den US-Demokraten
Es war das erste TV-Duell zwischen Joe Biden und Donald Trump in einem bisher knappen Rennen. Doch das könnte sich ändern, denn Bidens Auftritt geriet teilweise katastrophal. Fünf Erkenntnisse des Abends.
Biden macht keine gute Figur
Joe Biden stand bei dieser Debatte deutlich mehr unter Erfolgsdruck als Donald Trump. Biden war es, der diese besonders frühe Debatte wollte. Er liegt bisher in den meisten Umfragen zurück, vor allem in entscheidenden Wechselwähler-Staaten. Vor allem steht er wegen seines hohen Alters von 81 Jahren in der Kritik.
Hat Biden nun "geliefert"? Nein, im Gegenteil. Schon als er mit stockendem Gang auf die Bühne kam, wirkte er bleich, sein Blick starr. Von Beginn an hatte er große Probleme, Sätze zusammenhängend und verständlich zu Ende zu bringen, verfiel häufiger als sonst ins Stottern, seine Stimme klang brüchig, er musste sich ständig räuspern.
Biden wurde zwar im Verlauf der Debatte etwas konzentrierter, er hatte vom Erscheinungsbild her aber einen durchgehend schlechten, stellenweise katastrophalen Auftritt. Es schmerzte regelrecht, ihm zuzusehen.
Aus dem Weißen Haus hieß es nach Ende der Debatte entschuldigend, Biden sei erkältet gewesen. Doch gleichzeitig kamen aus der demokratischen Partei erste Stimmen, die offen fragen: Ist Biden als Kandidat noch tragbar?
Trump hat ziemlich leichtes Spiel
Trump - selbst 78 Jahre alt - hatte in vielen Momenten leichtes Spiel. So zweifelhaft, hinterfragbar, widerlegbar viele seiner Aussagen inhaltlich waren - die freie Rede, die in diesem Debattenformat nötig war, fiel Trump um Längen leichter.
Der Ex-Präsident wirkte an diesem Tag auch nicht aggressiver als sein Kontrahent. Biden und Trump überzogen sich 90 Minuten lang wechselseitig mit heftigen persönlichen Vorwürfen. Biden nannte Trump einen Trottel, Verlierer und Lügner, betonte, Trump sei ein verurteilter Straftäter. Er warf Trump sogar vor, er habe "die Moral eines Straßenköters".
Inhaltlich wenig Überraschendes
Das Thema Wirtschaft gilt meist als wahlentscheidend - frei nach Ronald Reagans berüchtigter Frage im TV-Duell mit Jimmy Carter 1980: Geht es Ihnen besser als vor vier Jahren? Trump setzte hier seinen Punkt, in üblicher Übertreibung: Die Inflation, von Biden verantwortet, bringe "die Leute um".
Beim Thema Demokratie hatte Biden noch seine stärksten Momente, er warf Trump erneut vor, für den gewaltsamen Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 verantwortlich zu sein. Doch selbst beim Argumentieren für das Grundrecht auf Abtreibung - eigentlich eine Stärke der Demokraten - verloren sich Bidens Sätze wiederholt im Nichts.
Erneut weigerte sich Trump, das Wahlergebnis im November bedingungslos anzuerkennen - auch für den Fall, dass er selbst verliert. Trump zog sich erneut auf die Aussage zurück, die Wahl nur dann anzuerkennen, wenn sie "fair" sei.
Beim Thema Außenpolitik wiederholte Trump die Behauptung, wenn er die Wahl gewinne, werde er den Krieg gegen die Ukraine noch vor Amtsantritt beenden. Wie er das zu tun gedenkt, führte Trump nicht aus.
Als Biden in einem konzentrierten Moment Trump direkt fragte, ob er aus der NATO austreten wolle, antwortete dieser nur mit einem Gesichtsausdruck - der besagte: Mal sehen, vielleicht, auf jeden Fall denke ich darüber nach.
Moderatoren waren stets bemüht
Die Moderatoren versuchten, auf Inhalte zu setzen, und setzten die strengen Regeln weitgehend durch: Maximal zwei Minuten, oft nur eine Minute Redezeit, das Mikrofon des Kandidaten, der nicht an der Reihe war, blieb stumm.
Doch der sonst stets souveräne Jake Tapper und die überraschend nervös wirkende Dana Bash konnten weder verhindern, dass Trump ständig vom gefragten Thema abwich, noch dass die Debatte über weite Strecken in persönliche Attacken abglitt.
Kritisches Nachhaken fehlte oft, auch ein Faktencheck blieb während der Debatte aus. Eine wirkliche inhaltliche Diskussion kam kaum zustande.
Die Demokraten werden nervös
Die Wahl ist nach dem TV-Duell noch nicht entschieden. Es sind noch mehr als vier Monate bis zum Wahltermin am 5. November. Die Umfragen werden erst in einigen Tagen zeigen, wie das Publikum das TV-Duell bewertet und ob Präsident Biden klar an Zustimmung verliert.
Doch die ersten Reaktionen in den sonst eher Biden-freundlichen US-Medien und aus der demokratischen Partei machen deutlich: Biden hat ein Problem. CNN-Kommentator John King fasste es direkt nach Ende der Debatte in Worte: Bei manchen Demokraten breche nach diesem Auftritt des Präsidenten Panik aus.
Der Nominierungsparteitag der Demokraten im August in Chicago, nach bisheriger Planung eigentlich Routine, könnte also spannend werden.