Bewaffnete Sicherheitskräfte in Venezuela

Opposition in Venezuela "Völlig schutzlos"

Stand: 08.08.2024 10:00 Uhr

In Venezuela erhöht die Regierung von Staatschef Maduro den Druck auf die Opposition. Deren Kandidat ließ einen Termin beim Obersten Gerichtshof verstreichen - aus Angst vor Verhaftung. Auch Medien werden eingeschüchtert.

Nach der international angezweifelten Wiederwahl von Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro verschärft die Regierung ihr Vorgehen gegen die politische Opposition. Der Oberste Gerichtshof befand den Oppositionskandidaten Edmundo González der Missachtung des Gerichts für schuldig, weil er einer Vorladung zur Bestätigung des Wahlergebnisses nicht gefolgt war. Dem 74-jährigen ehemaligen Diplomaten drohen nun bis zu 30 Tage Haft.

González erscheint nicht vor Gericht

Diese Entwicklung war erwartet worden. González hatte angekündigt, nicht vor Gericht erscheinen zu wollen. Seine Abwesenheit begründete er in einem auf X veröffentlichten Brief mit Sicherheitsbedenken. Er fühle sich "völlig schutzlos" und wolle nicht nur seine Freiheit, sondern vor allem den Willen des venezolanischen Volkes schützen. Zahlreiche venezolanische Oppositionsführer wurden in den vergangenen Jahren festgenommen, inhaftiert oder mussten ins Exil fliehen.

Maduro-treues Gericht soll Wahlergebnis prüfen

Präsident Maduro hatte das Gericht nach seiner umstrittenen Wiederwahl angerufen, um die Wahlergebnisse zu prüfen, wie er sagte. Die Opposition befürchtet, dass das Verfahren vor dem weitgehend regierungstreuen Verfassungsgericht jedoch lediglich dazu dient, Maduro zu legitimieren. Die ebenfalls weitgehend Maduro-treue Wahlkommission hatte den Präsidenten am 29. Juli zum knappen Wahlsieger erklärt. Die Opposition beansprucht den Sieg für sich. Die Opposition und Regierungsvertreter hatten die Veröffentlichung der Wahlergebnisse gefordert, bisher vergeblich. 

Seither gab es Proteste, zu denen die Opposition aufgerufen hatte. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen die Oppositionsführer ein, unter anderem wegen der Anstiftung zum Aufstand. Die Sicherheitskräfte gingen hart gegen die Demonstrierenden vor. Der venezolanischen Nichtregierungsorganisation Provea zufolge wurden im Zeitraum vom Wahltag am 28. Juli bis vergangenen Montag 24 Menschen getötet. Maduro gab seinerseits den Tod von zwei Mitgliedern der Nationalgarde bekannt. Mehr als 2.000 Menschen seien zudem festgenommen worden.

Journalisten wegen "Terrorismus" angeklagt

Vier Journalisten sind nach Angaben einer Journalistengewerkschaft des "Terrorismus" angeklagt worden. "Wir verurteilen die illegale und willkürliche Anwendung der Anti-Terror-Gesetze in Venezuela, insbesondere gegen Journalisten und Fotojournalisten, die während der Proteste nach den Wahlen im Land inhaftiert wurden", erklärte die Gewerkschaft in Onlinemedien. Allen Journalisten werde der Zugang zu ihren Anwälten verwehrt, hieß es weiter.

Die vier Angeklagten sind demnach die Fotografen Yousner Alvarado und Deisy Peña sowie der Kameramann Paúl León und Journalist José Gregorio Carneiro. Terrorismus wird in Venezuela mit einer Höchststrafe von 30 Jahren Gefängnis geahndet.

Generalstaatsanwalt Tarek Saab kündigte zudem strafrechtliche Ermittlungen gegen die Betreiber einer Internetseite an, die von der Opposition gesammelte Wahlergebnisse veröffentlicht hatte. Ihnen wird unter anderem Urkundenfälschung und Computerkriminalität vorgeworfen.

Regionale Staaten vermitteln

Mehrere Länder, darunter die USA, Peru und Argentinien, hatten vergangene Woche offiziell Oppositionskandidat González als Sieger der Wahl anerkannt. Die EU tat dies bislang nicht, lehnte jedoch die Anerkennung der Wiederwahl Maduros ab.

Regionale Staaten, wie Brasilien, Kolumbien und Mexiko, versuchen zu vermitteln. Die drei Nationen, deren linke Präsidenten als Verbündete Maduros gelten, führten Gespräche mit beiden Seiten, um eine Lösung für die politische Krise in dem südamerikanischen Land zu finden, zitierte die Nachrichtenagentur AP einen ranghohen mexikanischen Regierungsvertreter. Der brasilianischen Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva rief die Konfliktparteien in Venezuela zum Dialog auf. Ob die Initiative fruchtet, ist unklar.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 08. August 2024 um 13:02 Uhr.