Ägyptens Präsident erstmals in der Türkei Worüber al-Sisi und Erdogan reden wollen
Nach zehn Jahren diplomatischer Eiszeit begann im Februar das Tauwetter. Der türkische Präsident Erdogan reiste nach Ägypten. Nun folgt der Gegenbesuch al-Sisis, den Erdogan einst "Mörder" nannte. Was sind die Themen des Treffens?
"Ich habe meinen lieben Bruder bei der ersten Gelegenheit zu hochrangigen türkisch-ägyptischen Beratungen nach Ankara eingeladen. Ich glaube, dass dieser Besuch einen Wendepunkt in unseren Beziehungen darstellen wird", gibt sich der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, Mitte Februar in Kairo überzeugt. Für den nun als "lieben Bruder" bezeichneten Präsidenten Ägyptens, Abdel Fattah al-Sisi, hatte Erdogan früher andere Namen: "Putschist" und "Mörder" nannte er ihn.
Das war nach 2013. Bis dahin dauerte die kurze Regierungszeit des ersten frei gewählten ägyptischen Präsidenten Mohamed Mursi, einem so genannten Muslimbruder, dem Erdogan nahestand. Nach dem Militärputsch und der Machtübernahme al-Sisis 2013 begann die frostigste Zeit in der fast hundertjährigen Geschichte der Beziehungen der Türkei und Ägyptens. Nicht einmal mehr diplomatische Beziehungen unterhielten sie.
Ägypten will türkische Drohnen
Ganz gekappt waren die Bande zwischen den beiden Ländern aber nicht, meint der ägyptische Politikwissenschaftler und Analyst Abdel Moneim Said. "Die wirtschaftlichen und kommerziellen Beziehungen blieben bestehen und verliefen wie vor dem Abbruch. Die Unterbrechung war in erster Linie strategischer und politischer Natur", sagt der Wissenschaftler.
Tatsächlich betrug das Handelsvolumen der beiden Länder zuletzt immerhin rund zehn Milliarden Dollar im Jahr. Wie viel Potenzial aber noch da ist, lassen die Ankündigungen aus dem Februar erahnen: Um rund die Hälfte soll das Handelsvolumen zulegen auf dann 15 Milliarden Dollar. Wie das konkret gelingen kann, darum geht es in den Gesprächen Erdogans und al-Sisis in der Türkei.
Auf der Liste stehen auch militärische Themen. Ägypten ist etwa an türkischen Drohnen interessiert. Was die Türkei zu bieten hat, demonstriert der führende Drohnenhersteller des Landes, Baykar. Die Firma nimmt neben anderen zeitgleich mit dem Besuch al-Sisis in Ankara an der "Egypt International Airshow" in Ägypten teil.
Die Türkei will Gas aus dem Mittelmeer
Und es geht um Energiefragen. Die rohstoffarme Türkei möchte ihren Anteil an Öl- und Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer. Doch sie ist isoliert. Anders als andere Anrainerstaaten wie Ägypten ist die Türkei nicht Teil des "Gasforums östliches Mittelmeer".
Hier kann al-Sisi helfen, sagt der ägyptische Politikwissenschaftler Said. Ägypten habe im "Gasforum östliches Mittelmeer" Einfluss auf die anderen Mitglieder wie Zypern, Griechenland, Israel und Italien. "Die Türkei möchte ihm beitreten, muss aber zuerst das Seerechtsübereinkommen der UN unterzeichnen. Danach werden alle Fragen bezüglich der Abgrenzung der Seegrenzen und der Nutzung des Gases gelöst. Ein Teil des Treffens wird sich der Diskussion dieses Themas widmen."
Krieg in Nahost weiteres Thema
Ein weiteres Thema wird der Krieg in Gaza sein. Kaum jemand hat Israel für sein Vorgehen im Gazastreifen so scharf kritisiert wie Erdogan. Eine Vermittlerrolle konnte er nicht einnehmen - anders als al-Sisi. Auch wenn es noch keinen Durchbruch gibt: Erdogan hat schon vor einem halben Jahr erklärt, dass er sein Land auch hier an der Seite Ägyptens sieht: "Wir sind bereit mit Ägypten zusammenzuarbeiten, um das Blutvergießen in Gaza zu stoppen und Gaza wieder aufzubauen."
Gute Beziehungen zwischen der Türkei und Ägypten dürften letztlich für beide Länder von Vorteil sein. Grund genug zumindest für Erdogan, seine Abneigung gegen den einst so genannten "Mörder" und "Putschisten" al-Sisi endgültig zu vergessen.