Antrittsbesuch in China Welchen Ton schlägt Baerbock an?
Außenministerin Baerbock hatte sich immer wieder kritisch zum autoritären Kurs der Führung in Peking geäußert. Doch eine einheitliche Strategie hat Deutschland bisher nicht. Nun ist Baerbock erstmals zu einem Besuch in China eingetroffen.
Außenministerin Annalena Baerbock ist in China angekommen. Ihr Flugzeug landete am Nachmittag Ortstzeit auf dem Flughafen der nord-ostchinesischen Millionenstadt Tianjin. In der Metropole besuchte sie nicht nur ein deutsches Unternehmen, das dort Windturbinen herstellt, sondern auch eine Schule an der Deutsch unterrichtet wird.
Diese gehört zu dem vom Auswärtigen Amt gegründeten Pasch-Projekt. In der Initiative sind weltweit mehr als 2000 Schulen vernetzt, an denen Deutsch einen besonders hohen Stellenwert hat. Morgen dann sollen politische Gespräche stattfinden.
Besuch dürfte genau beobachtet werden
Baerbock wird am Freitag gemeinsam mit Chinas Außenminister Qin Gang mit dem Hochgeschwindigkeitszug von Tianjin nach Peking fahren. Die Hauptstadt liegt etwa 100 Kilometer nord-westlich von Tianjin. Es ist Baerbocks erste Reise als Außenministerin in die Volksrepublik. Der Besuch dürfte auch auf chinesischer Seite genau beobachtet werden.
Die Grünen-Politikerin hat sich in der Vergangenheit klar kritisch gegenüber einem immer autoritärer werdenden China geäußert. Die Bundesregierung sei sich noch nicht ganz einig, wie sie die Beziehungen zwischen China und Deutschland künftig gestalten möchte, sagt Thorsten Benner vom Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin.
"Die deutsche China-Strategie lässt ja immer noch auf sich warten. Aber als Minimalkonsens stellt sich dieses Konzept der Risikoverminderung - De-Risking - heraus, was ja auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als Leitmotiv ihrer China-Politik verkündet hat."
Baerbock will keine Entkoppelung
Baerbock hatte vor ihrem Abflug in Berlin erklärt, sie wolle sich ein Bild davon machen, welchen Kurs die chinesische Führung nach dem Ende der Corona-Restriktionen einschlage. An einer wirtschaftlichen Entkoppelung bestehe kein Interesse, aber man müsse die Risiken einseitiger Abhängigkeiten abbauen.
Dies gelte gerade mit Blick auf das so wörtlich "Horrorszenario einer militärischen Eskalation in der Taiwanstraße", so die Bundesaußenministerin. Bei Baerbocks Gesprächen werde es auch um Taiwan gehen, sagte die Außenamtssprecherin Andrea Sasse. "Wir sind sehr besorgt über die Lage in der Straße von Taiwan."
Von allen Beteiligten in der Region erwarte Deutschland natürlich, dass sie zu Stabilität und Frieden beitragen. "Das gilt ebenso für die Volksrepublik China. Und wir haben den Eindruck, dass Maßnahmen wie militärische Drohgebärden diesem Ziel entgegenstehen und das Risiko unbeabsichtigte militärischer Zusammenstöße vielmehr erhöhen."
Macrons Aussage sorgte für Aufsehen
Nach einem Treffen zwischen Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen und dem Sprecher des US-Repräsentantenhauses Kevin McCarthy in Los Angeles hatte das chinesische Militär ein Manöver rund um die demokratisch regierte Insel gestartet. Die kommunistische Staatsführung betrachtet Taiwan als eigenes Gebiet und droht regelmäßig mit Krieg - sollte es nicht zu einer friedlichen Vereinigung kommen.
Für Aufsehen sorgte vergangene Woche der Besuch des französische Präsidenten Emmanuel Macron in China und seine Forderung, Europa solle sich im Konflikt um Taiwan nicht unbedingt an die Seite der USA stellen. Der Staatschef aus Paris musste viel Kritik aus Europa und den USA einstecken. Er wurde von vielen als zu unkritisch gegenüber China wahrgenommen.
"Ein Triumph für Peking"
Wegen des Macron-Besuchs blicke die chinesische Staatsführung vermutlich auch relativ gelassen auf den Baerbock-Besuch, sagt Thorsten Benner vom Global Public Policy Institute (GPPi): "Der Besuch Macrons letzte Woche war ein Triumph für Peking."
Insofern wäre man auch nicht wahnsinnig besorgt, wenn die deutsche Außenministerin jetzt stärkere Worte wählen würde. "Wenn man den französischen Präsidenten an seiner Seite weiß, hat man schon viel gewonnen", erklärt der Wissenschaftler. Das strategische Ziel der Regierung in Peking sei es, dass es eben keine einheitliche Front Europas gegenüber China gebe - besonders beim Thema Risikominimierung und Abschreckung gegenüber Taiwan.
China ist fester Verbündeter Russlands
Ganz oben auf Baerbocks Agenda steht auch das Interesse, den Krieg in der Ukraine schnellstmöglich, dauerhaft und gerecht zu beenden. Vergangene Woche hatten bereits EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Frankreichs Präsident Macron versucht, Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping davon zu überzeugen, Einfluss auf den Aggressor Russland zu nehmen.
Die kommunistische Staatsführung weigert sich bis heute, den völkerrechtswidrigen Überfall zu verurteilen. China und Russland haben ihre Beziehungen zueinander seit Kriegsbeginn deutlich ausgebaut. Heute vom chinesischen Zoll veröffentlichte Zahlen zeigen, dass der Handel zwischen den beiden Ländern immer weiter zunimmt.