Bangladesch Zahl der Toten bei Protesten steigt
Das Oberste Gericht in Bangladesch hat das umstrittene Quotensystem abgeschwächt - trotzdem gingen die Proteste zunächst weiter. Mehr als 140 Menschen wurden getötet. Nun setzt eine wichtige Organisation ihre Aktionen vorübergehend aus.
Bei der Niederschlagung von Studentenprotesten in Bangladesch sind Berichten zufolge mehr als 140 Menschen getötet worden. Die Nachrichtenagentur Reuters meldet mindestens 147 Tote, laut der Nachrichtenagentur AFP starben mindestens 151 Menschen. Zuvor hatten lokale Medien von mindestens 110 Toten gesprochen.
Wie die AFP weiter berichtet, sollen mehr als 500 Menschen festgenommen worden sein. Demnach waren unter den mindestens 532 Festgenommenen auch führende Mitglieder der Oppositionspartei Bangladesh Nationalist Party (BNP). Die Agentur beruft sich bei ihren Angaben auf die Polizei.
Gericht schränkt Quotensystem ein
Die Proteste richten sich gegen ein Quotensystem für Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Erst am Sonntag hatte der Oberste Gerichtshof von Bangladesch entschieden, das umstrittene System erheblich einzuschränken. Demnach sollen bei der Vergabe von begehrten Regierungsjobs nun doch in 93 Prozent der Fälle die Leistungen der Bewerberinnen und Bewerber entscheidend sein. Lediglich für die restlichen sieben Prozent soll eine Quotenregelung kommen. Diese Stellen sollen vorwiegend für Nachkommen von Soldaten, die 1971 für die Unabhängigkeit des Landes gekämpft haben, reserviert sein.
Das ursprünglich von der Regierung geplante System hatte hingegen 30 Prozent der Stellen für Kriegsveteranen vorgesehen. Zudem sollten insgesamt mehr als die Hälfte der Stellen für bestimmte Gruppen reserviert sein. Die Proteste richteten sich dagegen, dass dadurch Absolventen aus regierungsnahen Familien bei der Stellenvergabe bevorzugt würden.
Das Gericht rief die Protestierenden auch dazu auf, in die Hörsäle zurückzukehren. Ein Vertreter der Studierenden erklärte zunächst, die Proteste sollten trotzdem weitergehen. Eine einheitliche Linie, mit welchen Zielen es nun weitergehen solle, gab es dem Sender BBC Bangla zufolge noch nicht. Manche forderten unter anderem die Freilassung aller festgenommenen Studenten und sogar den Rücktritt der Regierung.
Später am Montag unterbrach die wichtigste Organisation hinter den Protesten ihre Demonstrationen vorübergehend. Die Aktionen würden für 48 Stunden ausgesetzt, sagte der Anführer von Students Against Discrimination, Nahid Islam, der Nachrichtenagentur AFP.
Auswärtiges Amt rät von Reisen ab
Das Auswärtige Amt rät von Reisen nach Bangladesch derzeit ab. "Dort besteht nach gewaltsamen Zusammenstößen eine Ausgangssperre, Internet und Mobilfunk sind blockiert", teilte das Krisenreaktionszentrum des Amtes mit. In den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes heißt es, mit weiteren Einschränkungen und Verschlechterungen der Lage in Bangladesch müsse gerechnet werden. Das Amt rät, die geltende Ausgangssperre zu befolgen und an einem sicheren Ort zu bleiben. Wer in Bangladesch sei, solle sich in der Krisenvorsorgeliste des Amtes registrieren lassen.
Die Ausgangssperre gilt seit Freitag um Mitternacht, viele Protestierende halten sich aber nicht daran. Im ganzen Land ist die Armee stationiert. Die Proteste hatten Anfang Juli begonnen, nachdem ein Gericht die Wiedereinführung des alten Quotensystems angeordnet hatte, das im Jahr 2018 nach massiven Studentenprotesten abgeschafft worden war.
Gerade Regierungsjobs gelten als gut bezahlt und sicher. Viele junge, gut ausgebildete Menschen in Bangladesch sind arbeitslos und ohne Perspektive.