Chinas Spionagetätigkeiten Destabilisierung nach außen, Machterhalt nach innen
Auch wenn Pekings Führung das abstreitet: Seit Jahren warnen Experten vor vielfältigen Versuchen Chinas, westliche Demokratien zu destabilisieren. Die jüngsten Festnahmen in Deutschland verleihen den Warnungen mehr Gewicht.
Die Pressekonferenz des Außenministeriums in Peking ist eine der wenigen Möglichkeiten für Journalisten, der chinesischen Staats- und Parteiführung Fragen zu stellen. Wang Wenbin, einer der Sprecher, weist die Spionagevorwürfe scharf zurück. Da werde etwas aufgebauscht, was nicht existent sei.
Der Sprecher warf Deutschland vor, mit den jüngsten Vorgängen politische Narrative manipulieren zu wollen. Das Ziel sei klar: die Atmosphäre der Zusammenarbeit zwischen China und Europa zu stören.
Für Beobachter eine erwartbare Reaktion: "China streitet bei solchen Vorwürfen grundsätzlich immer alles ab", sagt Mareike Ohlberg, die im Asienprogramm der US-Stiftung German Marshall Fund in Berlin zum Einfluss Chinas auf Demokratien forscht. Im Einzelfall könne sie die Aussagen zwar nicht unbedingt beurteilen, "aber als grundsätzliches Abstreiten ist es natürlich absurd. Wir wissen, dass China spioniert und das auch relativ systematisch tut".
Spionage auf verschiedenen Ebenen
Mit der Ausweitung der Macht und Kontrolle der Kommunistischen Partei unter Staats- und Parteichef Xi Jinping sind auch Chinas Geheimdienste und Überwachungsbehörden in den vergangenen Jahren immer mächtiger geworden. Unter anderem setzen sie zunehmend Technologie wie Gesichtserkennung und künstliche Intelligenz ein.
Sie überwachen aber nicht nur Regierungskritiker und Minderheiten wie die Uiguren im eigenen Land. Geheimdienste und Sicherheitsbehörden weltweit weisen seit Jahren auf chinesische Einflussnahme und Spionage im Ausland hin.
In Ländern wie den USA, Australien und Kanada sei man wegen der Bedrohung bereits viel stärker alarmiert. Dabei gebe es die unterschiedlichsten Formen, sagt Ohlberg: "Teilweise ist es Einflussnahme und Spionage auf politischer Ebene, indem man versucht, bei politischen Entscheidungsträgern einen Fuß in die Tür zu bekommen und darüber dann Informationen abzugreifen."
Es gebe aber natürlich auch Industriespionage. "Es gibt Spionage, wo Wissen abgegriffen werden soll, das möglicherweise militärische Verwendung haben soll. Es gibt den Versuch, gegen Personen vorzugehen - in der Regel chinesischer Herkunft - die als Dissidenten oder Kritiker wahrgenommen werden, indem man über sie Informationen sammelt."
Unruhe in Demokratien bringen
Am Montag waren in Hessen und Nordrhein-Westfalen zwei Männer und eine Frau festgenommen worden. Sie sollen Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben.
Am Dienstag wurde zudem ein Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah in Sachsen festgenommen. Auch er soll für China spioniert haben.
Dass die Volksrepublik versuche, auf Parteien wie die AfD Einfluss zu nehmen, sei keine Überraschung, so der Politologe Ralph Weber von der Uni Basel im Deutschlandfunk. Neben dem Abgreifen von Information habe die Staats- und Parteiführung ein generelles Interesse, für Unruhe und Streit in Demokratien zu sorgen: "Das ist für den Ein-Parteien-Staat gut, weil man zeigen möchte, dass in liberalen Demokratien Unordnung herrscht und sie nicht funktionieren." China hingegen wolle vermitteln: "Wir sind ein anderes Modell und unser autoritäres Modell funktioniert."
Dazu käme die Möglichkeit, Agendapunkte in den demokratischen Prozess einzubringen, um so die öffentliche Meinung über China zu beeinflussen, so Weber.
Aktuelle Fälle nur "Spitze des Eisbergs"?
Der Bundesverfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst warnen zunehmend vor chinesischen Spionageversuchen in Deutschland. Mareike Ohlberg geht davon aus, dass die jetzt bekannt gewordenen Fälle nur die Spitze des Eisbergs sind "und dass es noch einige mehr Fälle gibt, die bisher noch nicht entdeckt wurden, oder über die öffentlich noch nicht kommuniziert wurde - vermutlich beides." Zumindest vom Ausmaß her seien die Versuche relativ systematisch.