Explosion in Klinik in Gaza Israel sieht sich mit Luftaufnahmen entlastet
Nach der Explosion in einem Krankenhaus in Gaza hat Israels Armee Luftaufnahmen vorgelegt, die beweisen sollen, dass militante Palästinenser Schuld haben. Diese wiesen die Darstellung zurück.
Die Explosion in einem Krankenhaus im Gazastreifen mit vielen Toten geht nach israelischen Darstellung klar auf das Konto militanter Palästinenser. Israels Militär veröffentlichte Aufnahmen, die beweisen sollen, dass eine fehlgeleitete Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad für den Einschlag in der Al-Ahli-Klinik verantwortlich ist.
Kein typischer Krater
Auf den Luftaufnahmen sind das Krankenhaus und ein Parkplatz zu sehen, auf dem ein Brand ausgebrochen war. In dem veröffentlichten Videozusammenschnitt werden Bilder vor und nach dem tödlichen Vorfall verglichen. Es sei kein typischer Krater zu sehen, wie er sonst bei israelischen Luftangriffen entstehe, hieß es.
Der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus sagte dem US-Sender CNN außerdem, das Militär habe Beweise vorliegen über ein von Israel abgehörtes Gespräch zwischen Hamas-Terroristen. Sie hätten gesagt: "Oh, da gab es offenbar eine Fehlfunktion oder eine Explosion einer Rakete, die im Gazastreifen gelandet ist." Zudem sei kurz vor dem Vorfall eine Salve von Raketen aus dem mittleren oder nördlichen Abschnitt des Gazastreifens in Richtung Israel abgefeuert worden. Diese sei auf Israels Radarsystem verzeichnet worden.
Militante Palästinenser: eine "Lüge"
Die Angaben Israels lassen sich bislang nicht unabhängig überprüfen, ebenso wenig wie die Berichte aus Gaza. Dort wies die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad die Schuldzuweisung der Israelis zurück. Sie bezeichnete die Anschuldigung als "Lüge", mit der das Land "seine Angriffe auf Krankenhäuser rechtfertigen" und "sich der Verantwortung für sein Verbrechen entziehen" wolle. Auch die Hamas machte Israel verantwortlich.
Für Verwirrung sorgte auch, dass Israel die Luftbilder offenbar zwischenzeitlich wieder aus dem Netz genommen hatte. Das berichtet ARD-Korrespondentin Hanna Resch. Israels Armee begründete dies damit, dass sie falsch datiert gewesen seien, so Resch. "Daran sieht man, wie gefährlich das gerade ist. Dass man aufpassen muss." Weder von israelischer noch von Hamas-Seite seien bislang Beweise vorgelegt worden, die bestätigen, dass der Raketenangriff von der einen oder der anderen Kriegspartei gekommen sei.
Die Explosion in dem Krankenhaus hatte sich gestern Abend ereignet. Das Gesundheitsministerium im Gazastreifen, das der dort herrschenden islamistischen Palästinenserorganisation Hamas untersteht, teilte mit, dass dabei "mehrere Hundert" Menschen getötet und verletzt worden seien. Eine genaue Zahl wurde nicht genannt. Viele Menschen im Gazastreifen suchen derzeit in den völlig überfüllten Krankenhäusern des Gazastreifens Zuflucht vor Luftangriffen, mit denen Israel auf den Großangriff der Hamas vom 7. Oktober reagiert. Auch auf dem nun getroffenen Krankenhausgelände hielten sich Menschen auf, die ihre Häuser verlassen mussten.
Internationales Entsetzen
International lösten die Bilder von der zerstörten Klinik und dem Leid der Menschen Entsetzen aus. Mehrere arabische Staaten gaben noch am Abend Israel die Schuld. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprach von einem "Krankenhaus-Massaker". Die im Libanon herrschende Hisbollah rief für heute zu einem "Tag des Zorns" auf. In der jordanischen Hauptstadt Amman versuchten Demonstranten die israelische Botschaft zu stürmen.
Biden und Scholz auf schwieriger Mission
Inmitten dieser aufgebrachten Stimmung hält sich US-Präsident Joe Biden heute in der Region auf. Eigentlich sollte es in Jordanien einen Vierer-Gipfel geben, doch die Regierung in Amman sagte nach der Zerstörung der Klinik ab. Ein solches Treffen werde stattfinden, "wenn die Entscheidung getroffen wurde, diesen Krieg zu beenden und den Massakern ein Ende zu setzen", erklärte der jordanische Außenminister Ayman Safadi. An dem Treffen sollten ursprünglich Biden, der jordanische König Abdullah II., der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi sowie Palästinenserpräsident Abbas teilnehmen, um über die Notlage der Zivilisten im Gazastreifen zu sprechen.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz ist in der Region. Die Nachricht von der Explosion in dem Krankenhaus in Gaza erreichte ihn kurz nach seinem Abflug aus Tel Aviv. Inzwischen ist er in Kairo, wo er mit Präsident Al-Sisi sprach. Scholz äußerte sich entsetzt über die Bilder aus dem von einer Rakete getroffenen Krankenhaus in Gaza. "Es ist wichtig, dass dieser Vorfall sehr genau aufgeklärt wird", schrieb Scholz auf X, ehemals Twitter.