Krieg in Nahost Zwei weitere Geiseln von der Hamas freigelassen
Die Hamas hat zwei weitere Geiseln freigelassen - zwei 79 und 85 Jahre alte Frauen aus Israel. Ob und wann weitere Geiseln freikommen, ist unklar. Um mehr Zeit für Verhandlungen zu haben, raten die USA derzeit von einem Start der Bodenoffensive ab.
Nach mehr als zwei Wochen in Gefangenschaft der Hamas hat die Terrororganisation zwei weitere der von ihr in den Gazastreifen verschleppten Geiseln freigelassen. Es handelt sich um zwei Israelinnen im Alter von 79 und 85 Jahren aus dem Kibbuz Nir Oz, den die Hamas am 7. Oktober überfallen hatte. Ihre 83 und 84 Jahre alten Ehemänner kamen nicht frei.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz bestätigte die Freilassung der beiden Frauen am Abend. Die Hamas hatte die Freilassung zuvor bekanntgegeben und dafür humanitäre Gründe genannt.
Dramatischer Appell
Die 79-jährige Nurit Cooper und die 85 Jahre alte Jochewed Lifschitz wurden über den Grenzübergang Rafah vom Gazastreifen nach Ägypten und dort zu Krankenwagen gebracht, wie aus Aufnahmen des ägyptischen Fernsehens hervorging.
Sie könne nicht in Worte fassen, wie erleichtert sie sei, dass ihre Mutter in Sicherheit sei, erklärte Lifschitz' Tochter Sharone, eine in London lebende Künstlerin. Doch werde sie sich jetzt weiter darauf fokussieren, die Freilassung ihres Vaters und all jener zu erreichen, die noch in Gaza als Geiseln gehalten würden.
Vergangene Woche hatte Sharone Lifschitz in Interviews berichtet, dass ihre Eltern Friedensaktivisten seien. Ihr Vater etwa sei an die Grenze zum Gazastreifen gefahren, um Palästinenser für medizinische Behandlungen nach Ostjerusalem zu fahren. Sie hoffe, dass Güte sie auf irgendeine Weise retten könne, erklärte Sharone Lifschitz zudem vergangene Woche. "Ich bin mit all diesen Holocaust-Geschichten aufgewachsen, die davon handelten, dass die Leben aller meiner Onkel durch gute Taten gerettet wurden."
Am vergangenen Freitag hatte die Hamas bereits eine Jugendliche und ihre Mutter - beide mit US-Staatsbürgerschaft - freigelassen. Israel hat die bedingungslose Freilassung aller Geiseln gefordert.
USA raten von humanitärer Waffenruhe ab
Die Hamas, die von Israel, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, verübte am 7. Oktober Angriffe von beispiellosem Ausmaß auf den Süden Israels, tötete dort nach Militärangaben mehr als 1.400 Menschen und verschleppte vermutlich etwa 220 Geiseln in den Gazastreifen, darunter eine unbekannte Zahl von Ausländern und Doppelstaatlern.
Israel reagiert darauf mit praktisch unablässigen Luftangriffen auf das dicht besiedelte Küstengebiet. Aktuell bereitet Israel offenbar eine Bodenoffensive im Gazastreifen vor, die die völlige Zerschlagung der dort herrschenden Hamas zum Ziel haben soll. Die USA forderten die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu indes auf, mit dem Einmarsch zu warten, um mehr Zeit für Verhandlungen um eine Freilassung weiterer Geiseln zu haben.
Auch von einer humanitären Waffenruhe raten die USA ab. "Jeder Waffenstillstand würde der Hamas die Möglichkeit geben, sich auszuruhen, aufzurüsten und sich darauf vorzubereiten, weitere terroristische Angriffe gegen Israel zu verüben", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller.
Israel dankt Ägypten und Rotem Kreuz
Die Freilassung der beiden Frauen soll nach Angaben der Hamas von Katar und Ägypten vermittelt worden sein. Die Geiseln seien "trotz der Verbrechen der Besatzung" aus "humanitären Gründen" freigelassen worden, erklärte Hamas-Sprecher Abu Obeida im Telegram-Kanal der Al-Kassam-Brigaden.
Israels Regierung bedankte sich am Abend bei Ägypten und beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz für ihren Beitrag bei der Freilassung der zwei Geiseln. Auch die Armee sei in den vergangenen Tagen "auf allen Kanälen sehr aktiv" gewesen, um die Freilassung der beiden Geiseln zu erreichen. Die beiden Frauen seien ans Militär übergeben worden, teilte das Büro Netanyahus mit. Sie seien auf dem Weg in eine israelische Klinik. Dort warteten den Angaben nach Verwandte auf sie.
Steht Freilassung von 50 Geiseln bevor?
Zuvor hatte es Medienberichte über eine möglicherweise bevorstehende Freilassung von 50 Geiseln gegeben. Die "New York Times" berichtet, dass Israel davon ausgehe, dass die Hamas etwa 50 Geiseln, die nicht nur die israelische, sondern auch eine andere Staatsbürgerschaft hätten, freilassen könnte.
Aus den USA gab es zunächst keine Bestätigung für eine möglicherweise bevorstehende Freilassung einer größeren Anzahl an Geiseln. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte, er könne nichts dazu sagen. Grundsätzlich sei es mit Blick auf die Verhandlungen "in der jetzigen Phase des Prozesses nicht möglich, öffentlich über die laufenden Bemühungen zu berichten", sagte Kirby. Man werde weiter mit den Partnern in der Region zusammenarbeiten, um alles dafür zu tun, damit die Geiseln freigelassen werden.
Der israelische Sender i24news berichtete unter Berufung auf das Rote Kreuz, der Rettungsdienst sei unterwegs, um eine Gruppe von etwa 50 Entführten mit doppelter Staatsbürgerschaft empfangen zu können. Eine Einigung sei binnen Stunden möglich, sollten keine neuen Hindernisse auftauchen, hieß es weiter.