Angriff aus dem Libanon Hisbollah-Raketen auf den Norden Israels
Die Hisbollah hat ihre Drohung wahrgemacht: Als Antwort auf die Tötung eines Hamas-Anführers hat sie Nordisrael mit Raketenangriffen überzogen. Für die Bewohner an der Grenze setzt sich ein monatelanger Terror fort - viele sind zermürbt.
Erst gestern hatte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah in seiner Rede deutlich gemacht: Die Tötung des Hamas-Funktionärs Saleh al-Aruri in Beirut werde nicht ohne Reaktion und Strafe bleiben. An diesem Morgen dann folgte die Reaktion: Mehr als 40 Raketen wurden von Hisbollah-Stellungen nach Israel abgefeuert. In zahlreichen Städten im Norden Israels herrschte Raketenalarm.
Schon jetzt sind mehr als 70.000 Israelis aus ihren Dörfern und Städten entlang der Grenze zum Libanon und Syrien evakuiert worden. Auch Kiryat Schmona gleicht einer Geisterstadt. Ofir Yehezkeli, der stellvertretende Bürgermeister, bezeichnet die Situation als unhaltbar.
Seinem Gefühl nach hat die Hisbollah in diesem Moment die Oberhand, weil die Stadt evakuiert worden sei. "Wir müssen diese Situation unbedingt ändern", fordert Yehezkeli. "Die Tatsache, dass wir hier die Bewohner evakuiert haben, ist für die Hisbollah ein Erfolg. Das darf so nicht weitergehen."
Ein verlassenes Einkaufszentrum in der Ortschaft Kiryat Schmona. In die Stadt wagen sich nur noch wenige Bewohner zurück
Seit dem 7. Oktober ständige Bombardements
Nur selten kommen die Bewohner Kiryat Schmonas derzeit in ihre Häuser zurück. Wenn, dann meist nur um einige Dinge zu holen. Unter ihnen ist auch Eitan Palvari, der auf Scheiben blickt, die durch die Druckwellen der Detonationen zerborsten sind. "Wir kamen zurück, um Kleidung und Sachen für den Winter zu holen. Man sieht, dass hier viele Raketen eingeschlagen haben", erzählt er.
Nachdem Hamas-Terroristen am 7. Oktober vom Gazastreifen aus Israel angegriffen hatten und Hunderte Israeli töten, seien auch die Bewohner in Nordisrael ununterbrochen von Hisbollah-Stellungen bombardiert worden, sagt Palvari. "Das gesamte Gebiet wurde sehr stark beschossen. Wir alle haben unsere Häuser, unsere Geschäfte verlassen." Die ganze Stadt sei nun verlassen. "Nur einige verängstigte Menschen kommen schnell hierher, um ein paar Dinge mitzunehmen. Und dann geht es wieder schnell weg."
Hamas-Führer wirbt um Unterstützung
Die Hisbollah will mit dem Beschuss erst aufhören, wenn Israel seine Militäroffensive im Gazastreifen beendet. Was nicht zu erwarten ist. Die Nacht über und am Morgen gab es wieder heftige Kämpfe fast im gesamten Gazastreifen. Aus Katars Hauptstadt Doha meldete sich in einer Videobotschaft Hamas-Führer Ismail Haniyeh zu Wort.
Er sprach direkt verschiedene arabische Länder an, in denen in den nächsten Tagen US-Außenminister Antony Blinken im Rahmen seiner Nahost-Krisendiplomatie erwartet wird. "Wir hoffen, dass die verantwortlichen Brüder in den arabischen und islamischen Ländern, die mit dem US-Außenminister zusammentreffen, der amerikanischen Regierung klar machen, dass die Zukunft und Stabilität unserer Region eng mit unserer palästinensischen Sache verbunden sind", forderte Haniyeh.
UNICEF spricht von tödlichem Kreislauf
Unterdessen ist die humanitäre Lage im Gazastreifen weiter katastrophal. UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths erklärte, ein Großteil des Gazastreifens liege in Trümmern und sei mittlerweile unbewohnbar geworden. Dramatische Worte findet auch das UN-Kinderhilfswerk UNICEF. Kämpfe, Unterernährung und mangelnde gesundheitliche Versorgung hätten einen tödlichen Kreislauf geschaffen, der im Gazastreifen mehr als 1,1 Millionen Kinder bedrohe.