Indiens Milliardäre Die wohl teuerste Hochzeit der Geschichte
An diesem Wochenende heiraten zwei Milliardärskinder in Mumbai. Laut indischen Medienberichten, ist es die wohl teuerste Hochzeit aller Zeiten. In einem Land, in dem hunderte Millionen Menschen in Armut leben.
Zwischen Arm und Reich liegen in Indien Welten - oder manchmal nur ein paar Kilometer. Das zeigt sich nirgends so drastisch wie dieser Tage in Mumbai, die auch als Stadt der Milliardäre gilt. Das Wochenende über wird hier nämlich Anant Ambani, der Sohn des reichsten Mannes Asiens, mit Rhadika Merchant vermählt. Sie ist Tochter des indischen Milliardärs Viren Merchant, reich geworden in der Pharmaindustrie. Die Feier findet nur ein paar Kilometer vom größten Slum Indiens entfernt statt.
Straßendekoration vor dem Haus des Milliardärs Mukesh Ambani in Mumbai. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Megacity sind unter anderem dazu aufgefordert, im homeoffice zu bleiben.
Rihanna, Katy Perry, Justin Bieber, Adele
Die Hochzeitsfeierlichkeiten haben sich über mehrere Monate hingezogen. Es gab eine Reise übers Mittelmeer mit einem privat angemieteten Kreuzfahrtschiff. Konzerte von Katy Perry über Rihanna bis hin zu Justin Bieber. Eine Bühnenshow mit Bollywood-Größen. Bill Gates und Mark Zuckerberg kamen.
Für dieses Wochenende ist neben Adele und Kim Kardashian selbst der indische Premierminister Narendra Modi Gast. Wie viel Geld dieses Ja-Wort kostet, ist umstritten. Doch sollen allein die US-amerikanischen Künstler jeweils Gagen von mehreren Millionen Dollar abgerufen haben. Die Times of India mutmaßt sogar, dass die Hochzeitsfeierlichkeiten insgesamt mehr als eine Milliarde Dollar kosten könnten. Es wäre das teuerste Ja-Wort der Menschheitsgeschichte.
Sparen für die Hochzeit
Die Heirat sei das wichtigste Event im Leben einer Inderin oder eines Inders, erzählt Aarti Mattoo. So wichtig, dass wer könne, mit der Geburt der Kinder bereits für deren Hochzeit spare. Die 45-Jährige ist "Wedding Planner", also Hochzeitsplanerin, in Mumbai. Für einen Politiker organisierte sie einmal eine Hochzeit, bei der 25.000 Menschen eingeladen waren.
"Verrückt", meint die Unternehmerin, das sei hier mittlerweile die Norm: "Wir starten bei verrückt". Bei indischen Hochzeiten seien laut offiziellen Zahlen, erzählt Mattoo, im Finanzjahr 2023-2024 75 Milliarden Dollar umgesetzt worden. Für dieses Jahr gehe ein Branchenreport sogar von 130 Milliarden Dollar aus.
Der Trend gehe zu "Vor-" und "Nachhochzeiten", erzählt die Hochzeitsplanerin. Und schon die eigentliche Hochzeit wird mehrere Tage lang und mit verschiedenen hinduistischen Zeremonien abgehalten.
Der Milliardär mit seiner Ehefrau Nita. Mukesh Ambani ist der Chef der Unternehmensgruppe Reliance Industries und laut "Forbes"-Magazin mit einem Vermögen von umgerechnet rund 107 Milliarden Euro der reichste Mensch Asiens.
Die Ambanis
So ist es auch bei Anant Ambani, dem Sohn des reichsten Inders und reichsten Menschen Asiens, Mukesh Ambani. Seinen Namen kennt in Indien jeder. Reich geworden ist er mit der Gewinnung und Verarbeitung von Erdöl. Mittlerweile aber mischt er überall mit und ist auch Indiens größter Medienbesitzer. Zusammen mit Walt Disney will er nun den Streamingmarkt in Indien übernehmen.
Vermutlich profitiert der Milliardär Ambani dabei auch vom Krieg in der Ukraine. Denn seit Kriegsbeginn ist Indiens größter Lieferant für Erdöl Russland. Wegen westlicher Sanktionen verkaufen die russischen Staatskonzerne allerdings zu einem rabattierten Preis. Die Reliance-Raffinerie soll dieses billig eingekaufte Erdöl dann zu teurem Treibstoff verarbeiten. Und ihn unter anderem auch nach Europa verkaufen.
Machtvolle Milliardäre
Der Reliance-Konzern ist Indiens größter Steuerzahler. Doch man solle nicht fragen, was Ambanis Firma für Indien tue, meint P. Sainath, sondern wie der Staat seinen Milliardären helfe.
Sainath ist Journalist und hat das "Peoples Archive of Rural India" gegründet, ein Online-Magazin über das ländliche Indien. Menschen wie Ambani seien nämlich erst durch den indischen Staat so reich geworden, kritisiert Sainath.
Heute habe Indien mehr als 200 Dollar-Milliardäre. Eine Entwicklung der vergangenen dreißig Jahre. Indische Superreiche hätten ihr Geld vor allem mit Staatsverträgen gemacht, erklärt Sainath. Mit Schürfrechten oder privatisiertem Staatseigentum. Staatliche Ressourcen, die meist in die Hände ein paar weniger gegangen seien.
Wie nah Ambani am indischen Staat dran ist, zeigt sich dabei auch bei der Hochzeit seines Sohnes. Schon jetzt hängen vor dem Kongresszentrum, wo gefeiert wird, Plakate mit dem Konterfei des indischen Premierministers. Nun wurde auch Narendra Modis Anwesenheit bei den Feierlichkeiten bestätigt. Die Straßen um das Kongresszentrum werden dann für mehrere Tage gesperrt. Schon einen Tag vor der Hochzeit, wurde dem Team der ARD das Filmen auf der öffentlichen Straße vor dem Gebäude untersagt.
Der 38-jährige Familienvater teilt sich mit seiner Familie einen einzigen Raum. Er weiß nicht, wie er auch nur eine einzige Hochzeit finanzieren soll.
Kochen, schlafen, waschen auf fünf Quadratmetern
Ein paar Kilometer von der Eventlocation der Hochzeit entfernt liegt Dharavi. Es ist Indiens größter Slum. Hier lebten arme Menschen, hält Abdrar Ansari nüchtern fest. Der 38-jährige Familienvater teilt sich mit seiner Familie einen einzigen Raum.
Auf geschätzt fünf Quadratmeter kochen, schlafen und waschen sich die fünf Familienmitglieder. Wenn es regnet, wird der Raum regelmäßig überflutet. Hunderte Millionen von Dollar für eine Hochzeit? Was Ansari will, ist eine faire Bezahlung für Gelegenheitsarbeiter wie ihn. "Wenn die Mächtigen auch mal an uns denken würden", meint der Familienvater, "dann wären wir vielleicht heute in einer besseren Lage".
Als Teil der Mega-Hochzeit haben die Ambanis auch mehrere Veranstaltungen für wohltätige Zwecke organisiert. Einmal haben die Eltern des Bräutigams mehr als 50 indische Paare verheiratet. Menschen, die, wie es in der Pressemitteilung hieß, "unterpriviligiert" seien und sich eine Hochzeit nicht leisten können. So geht es auch dem Familienvater Ansari. Wie er einmal die traditionsbedingte Mitgift für seine Tochter aufbringen soll, weiß er nicht.
Immer wieder hörte auch der Journalist Sainath von Fällen, bei denen sich Familienväter das eigene Leben genommen hätten. Aus Verzweiflung, weil sie ihre Töchter nicht verheiratet bekämen.