Stimmung im Iran "Wenn Krieg ausbricht, denken wir über eine Lösung nach"
Der Iran lässt keinen Zweifel daran: Die Rache für die Tötung von Hamas-Führer Hanija mitten in Teheran wird kommen. Seit dem Anschlag blickt die ganze Region angespannt auf das Regime und fragt sich, wie massiv ein Gegenschlag ausfallen wird.
Kaum mal unter 40 Grad Celsius heiß war es die vergangenen Tage tagsüber in Teheran. Der Strom fällt andauernd aus, Banken und Behörden blieben teilweise geschlossen. Die Hitze ist aber nicht die größte Sorge der Menschen auf den Straßen der iranischen Hauptstadt. Die Ungewissheit treibt sie um.
Warten auf den Gegenschlag
Zwölf Tage nun schon warten sie auf einen Gegenschlag des Iran, als Reaktion auf die Tötung von Hamas-Führer Ismail Hanija in Teheran. "Meiner Meinung nach ist das, was zwischen Israel und dem Iran im Gange ist, ein psychologischer Krieg und kein echter Krieg. Keines der Länder will einen Krieg, denn wenn der Krieg ausbricht, wird es furchtbar. Und das will kein Land in der Region", meint Ahmad aus Teheran.
Allerdings sei diese Ungewissheit, diese Verzögerung der Reaktion bereits Teil der Strafe, sagt zumindest Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah. Die Hisbollah ist eng mit dem Iran verbündet und wird bei einem erwarteten Gegenschlag vermutlich mitmischen. Wer wann wie und wo Israel angreifen wird, darüber gibt es immer wieder unterschiedliche Medienberichte in der Region.
Verschiedene Angriffsszenarien
Mal ist davon die Rede, dass der Iran ausschließlich seine Verbündeten losschickt. Am Montag berichteten allerdings israelische Medien, dass sich Israel auf einen direkten Angriff des Iran einstelle. Die Iranerin Sudabe hofft sogar auf einen direkt Schlag Irans: "Umso besser, wenn der Iran angreift, denn Israel wird heftig reagieren und der Gegenangriff wird dieses Regime stürzen. Ich liebe mein Land, aber das ist der einzige Weg, um dieses Regime zu stürzen.“
Sowohl der Oberste Führer Khamenei als auch der neu gewählte Präsident Massud Peseschkian haben Rache angekündigt. Dass der Iran ein Recht auf direkte Vergeltung habe, daran lässt die politische Führung keinen Zweifel aufkommen. Naser Kanani, Sprecher des iranischen Außenministeriums, erklärt: "Niemand kann das Recht der Islamischen Republik Iran anzweifeln, den Aggressor zu bestrafen und Abschreckung gegen ein aggressives Regime zu schaffen, das die Macht an sich reißt."
Iraner leben mit Ungewissheit
In Teheran haben sich die Menschen längst mit dieser Ungewissheit abgefunden und gehen weiter ihrem täglichen Leben nach. Sie sind Krisen und Konflikte bereits gewöhnt, so wie Hodah: "Meiner Meinung nach müssen wir im Nahen Osten auf jede Überraschung vorbereitet sein, das ist das Merkmal des Nahen Ostens. Ich denke nicht dauernd an einen möglichen Krieg, aber im Iran üben wir uns darin, uns auf jede Überraschung vorzubereiten. Und wenn der Krieg ausbricht, werden wir über eine Lösung nachdenken."
Noch haben die meisten Menschen in Teheran die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass das iranische Regime doch nur einen überschaubaren Gegenschlag setzen wird und damit keinen Grund für eine weitere Eskalation in der Region liefert.