Israelische Grenzstadt Aschkelon Plötzlich mitten im Krieg
Im israelischen Grenzgebiet zum Gazastreifen hallt derzeit immer wieder der Raketenalarm. Unter den Bewohnern herrscht eine Mischung aus Angst und Frustration.
Um zu erleben, wie sich der Krieg anfühlt, muss man in Aschkelon nur aus dem Auto steigen. Die Stadt liegt keine zehn Kilometer nördlich des Gazastreifens. Das heißt, wenn es Raketenalarm gibt, wenn wieder aus dem Gazastreifen gefeuert wird, hat man nur wenige Sekunden Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen.
Der kleine Schutzraum aus Beton ist voller Menschen, vielen steht die Angst ins Gesicht geschrieben. Die Druckwelle des Raketeneinschlags, keine 200 Meter von hier, geht durch Mark und Bein.
Wieder draußen sind überall zersplitterte Scheiben zu sehen. Und gleich mehrere Häuser, die in den letzten Tagen Treffer abbekommen haben. Dieses Mal ist die Rakete auf einem Platz eingeschlagen. Zum Glück gab es keine Verletzten.
Bunker war die beste Investition
An der Stelle steht Jehuda und sieht verstört aus. Es hat auch schon einen Treffer gleich neben seiner Wohnung gegeben. Erst vor einem Monat ist er nach Aschkelon gezogen, an die Grenze zum Gazastreifen. Er brauchte eine günstigere Wohnung. Aber jetzt will er so bald wie möglich wieder weg.
Er wohne hier allein, sagt Jehuda, der ursprünglich aus Tel Aviv ist. "Ich wohne jetzt hier, möchte aber weg. Ich möchte nach Tel Aviv zurück bei allem, was hier passiert. Ich bin die Raketen nicht gewohnt. Ich habe Angst." Vor zwei Tagen sei ihm das ganze Glas im Haus zerplatzt, erzählt er. Es habe ihn nicht verletzt, aber das Glas war auf dem Boden verteilt. "Seit Samstag schlafe ich nicht mehr, denn ich fürchte, mir könnte etwas passieren."
Direkt neben der Stelle, wo die Rakete eingeschlagen ist, wohnt Miriam. Jetzt steht sie mit ihrer Familie vor dem Haus, mitten im Krieg. Der Bunker, den sie bei sich eingebaut haben, war die beste Investition, sagt die Lehrerin: "Natürlich haben wir einen Schutzraum. Wir rennen dorthin. Aber auch der Schutzraum bebt. Das ist völlig verrückt. Wir können uns nicht bewegen, nicht weggehen und auch niemanden besuchen. Wir sehen unsere Enkeltochter nicht, weil wir sie nicht besuchen können. Wir leben in Angst. Wir fragen uns immer, wann die nächste Runde Raketen kommt."
Auch in der Schule, in der sie arbeite, seien alle immer damit beschäftigt, mit den Kindern Übungen abzuhalten, um schnellstmöglich in den Bunker zu kommen. "Das ist keine normale Realität", sagt Miriam.
"Die Welt muss sehen, was uns angetan wurde"
Und dann treffen wir noch Gabriel - zuhause hat er keinen Strom, deshalb will er Kerzen kaufen. Immer wieder telefoniert er mit seiner Frau - die beiden haben sechs Kinder. Unbedingt will er uns noch furchtbare Videos zeigen, die den Terror der Hamas-Kämpfer zeigen sollen. Zu sehen ist ein eroberter israelischer Militärposten. Überall liegen tote, blutige Soldaten. Einige der Leichen werden mit Füßen getreten.
Ich kann nicht mehr schlafen. ich muss der ganzen Welt die Videos zeigen, damit die Welt sieht, was uns, dem Volk Israel, angetan wurde. Die Welt muss die Wahrheit kennen, muss wissen, was passiert ist. Fast 1.000 Tote und 3.000 Verletzte.
Bei diesen Raketen könne man einfach nicht schlafen. "Ihr konntet die Detonation vorhin hören, oder?", fragt Gabriel. "Am Samstag war das vier Stunden lang, alle zwei Minuten so. Sogar die großen Kinder haben sich vor Angst in die Hose gemacht."
Es wird nicht der einzige Raketenalarm bleiben. Noch einmal müssen wir in den Bunker. Und was man auch immer wieder hört, sind die Bombenangriffe im Gazastreifen. Ständig sind Kampfflugzeuge in der Luft, immer wieder hört man die schweren Detonationen. Auf beiden Seiten der Grenze zum Gazastreifen haben Menschen Angst vor den nächsten Angriffen. Eine Region ist im Krieg.