Lage der Menschen in Gaza "Nur meine Seele"
Während auf internationaler Bühne versucht wird, eine Waffenruhe in Nahost auszuhandeln, verschärft sich die Lage für die Menschen im Gazastreifen immer mehr. In den Norden werden keine Lebensmittel mehr geliefert.
Dichte Fenster gibt es kaum noch im Norden des Gazastreifens. Öfen funktionieren nicht, und so macht dieser Familienvater ein Feuer über einer improvisierten Feuerstelle. Neben dem Palästinenser sitzen seine beiden Söhne, die fünf und zehn Jahre alt sind. "Wir machen Feuer, um uns warm zu halten, wir leiden unter der Kälte hier, alles ist offen um uns herum", sagt der Vater.
Gesund sei das nicht, aber sie hätten keine andere Wahl: "Schauen Sie sich meine Hände an, wie ruiniert sie sind vom brechen des Brennholzes. Ich bin das alles nicht gewohnt, ich habe mein Leben in Büros verbracht. Ich war Manager einer Aluminiumfirma. Und sehen Sie mich jetzt an."
Jedes sechste Kleinkind unterernährt
Der Mann im Norden von Gaza brät etwas Gemüse an. Der Blick seines kleinen Sohnes, der auf einem Sofa sitzt, ist leer. Man kann die wenigen Möhrenstücke im großen Topf an zwei Händen abzählen. UN-Vertreter warnten vor kurzem vor einem extremen Anstieg vermeidbarer Todesfälle bei Kindern. Hunger und Infektionskrankheiten seien eine tödliche Kombination.
"Diese Suppe besteht aus Wasser, einer Kartoffel etwas Pfeffer und einer Möhre. Die haben wir noch gefunden. Auf dem Markt gab es nichts. Meine Kinder werden die Suppe essen, und sie wird bis morgen früh reichen. Sonst gibt es nichts." Auf die Frage, ob es zur Suppe etwas Brot gibt, antwortet er: "Nein. Natürlich gibt es kein Brot. Zur Suppe gibt es nur einen Löffel. Meine Augen brennen von dem Feuer, das ich jeden Tag mache. Sie tun schon weh."
Vor wenigen Tagen gab das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen bekannt, keine Lebensmittel in den Norden des Gazastreifens mehr zu liefern: Es sei zu gefährlich. Bei der Ausgabe waren Unruhen ausgebrochen, die Menschen kämpften ums Essen. Es fielen Schüsse. Jedes sechste Kind unter zwei Jahren, teilte die Weltgesundheitsorganisation mit, ist im Norden von Gaza akut unterernährt.
Luftschläge auch im Süden Gazas
Im Süden des Gazastreifens ist die Versorgungslage etwas besser. Aber auch hier bangen die Menschen um ihr Leben. In Rafah, jener Stadt, in der über eine Million Palästinenser Zuflucht suchen, wurde eine Moschee durch einen israelischen Luftangriff zerstört. Israel hat in der Vergangenheit betont, Ziele der Hamas anzugreifen.
Aufnahmen eines ARD-Mitarbeiters zeigen, wie zwei kleine Kinder Staub aus ihrer Wohnung fegen. Die Jungen sind etwa vier, fünf Jahre alt. Das Haus ist nur etwas mehr als ein Gerippe, die Fassade fehlt. Die Anwohner berichten, dass sie vor dem Luftangriff durch die israelische Armee gewarnt worden seien. Doch die Luftschläge seien bereits vor der angekündigten Frist von 15 Minuten erfolgt.
Ein Mann hat durch den Angriff sein Haus verloren. Er habe nichts aus der Wohnung mitnehmen können. "Gar nichts. Nur meine Seele. Wir haben die Kinder in Sicherheit gebracht und meinen Vater, er ist ein alter Mann. Wie Du siehst, haben wir sonst nichts. Unser Haus ist zerstört."
Internationale Bemühungen bislang erfolglos
Viele Tausend Kilometer von Gaza entfernt trat US-Außenminister Anthony Blinken in Brasilien während eines G20-Treffens vor die Presse. Er versuchte, wenigstens etwas Optimismus zu verbreiten. "Wir sind intensiv bemüht, ein Abkommen zu ermöglichen, das die Freilassung verbliebener israelischer Geiseln ermöglicht - und eine längere humanitäre Feuerpause", so Blinken.
In Paris laufen am Wochenende Verhandlungen, an denen neben Frankreich und den USA Israel, Ägypten und Katar beteiligt sind. Ein Abkommen zwischen Israel und der Hamas: Das ist das Ziel. Es könnte ermöglichen, dass endlich mehr Hilfslieferungen zu den Menschen in Gaza kommen.