Krieg in Nahost Auch Beduinen trauern um Hamas-Opfer
Beim Angriff der Hamas wurden wohl auch 22 arabische Beduinen getötet. Sieben werden noch vermisst. Ihre Angehörigen trauern - und fühlen sich vom Staat Israel vernachlässigt.
Eine Sporthalle in Rahad, im Norden der Negev-Wüste. Der Gazastreifen ist zwar fast 40 Kilometer weit weg, doch der Überfall der Hamas auf Israel und der Krieg in Gaza hinterlassen auch hier ihre Spuren.
Junge muslimische Frauen mit Kopftuch stehen in der Halle und stellen Pakete mit Nudeln, Thunfisch, Zucker und Öl zusammen. Sie dienen als Verpflegung für Beduinen in abgelegenen Siedlungen.
Mitten drin steht Fuad Seafni. Er bezeichnet sich als Araber und ist einer der Traumatisierten, die bisher nur wenig im Blick sind. Auch in seiner Familie herrscht die Trauer: "Das ist sehr hart. Das ist großes Leid. Allein in meiner Familie werden vier Menschen vermisst, ein Vater und drei Kinder. Für die Familie ist das sehr schwierig."
Mehr als 20 Tage Ungewissheit
Seit mehr als 20 Tagen lebt seine Familie nun schon in Ungewissheit. Er weiß nicht, ob der Mann und seine drei Kinder tot sind oder in den Gazastreifen als Geiseln verschleppt wurden.
Über Politik möchte Seafni nicht sprechen. Auch nicht darüber, dass Beduinen, arabische oder palästinensische Opfer des Terrorangriffs der Hamas eher wenig Beachtung finden. Vielmehr will er erzählen, dass einmal in der Woche jüdische Israelis in Rahad vorbeikommen, um ihnen bei dem Hilfsprojekt zu helfen.
"Das ist eine Art Therapie, das hilft", erzählt Seafni. "Und das versuchen wir: Zusammen mit Juden daraus eine gute Sache zu machen. Gestern kamen an der Universität Netanya Jugendliche, die haben 'Tod den Arabern' gerufen. Das ist nicht hilfreich, in diese Situation wollen wir hier gar nicht erst kommen."
Vom Staat Israel vernachlässigt
Abu Tlul ist einer der entlegeneren Orte, schon vor dem Krieg war das so. Hier leben etwa 7.000 Beduinen, viele in Blechhütten. Es gibt viele Ställe mit Schafen, Hühnern und Kamelen.
Die Menschen hier fühlen sich schon lange vom Staat Israel vernachlässigt. Es gibt kaum Infrastruktur, kein Internet. Aber jetzt im Krieg ist es besonders schlimm.
Ali Abu Shtewe ist eigentlich der Busfahrer hier. Er fährt die Kinder zu Schule. Doch die findet zur Zeit nicht statt - auch, weil es hier keine Schutzräume gibt. Vor ein paar Tagen ist eine Rakete 150 Meter neben seinem Haus eingeschlagen, sagt Shtewe.
"Es ist ganz normal, dass wir hier Angst haben. Wir haben hier keinen Schutz vor den Raketen", erzählt er. "Neulich war der Minister, der für uns Beduinen zuständig ist, hier. Dann hatten wir Raketenalarm. Keiner wusste, wohin. Und ich habe ihn gefragt: Wo warst Du? Wie hast Du Dich geschützt? Und er hat gesagt: Ich saß im Auto."
Wohl 22 Beduinen beim Hamas-Angriff getötet
Auch hier trauern sie um die Toten. Zwei seiner Cousins sind bei dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober ums Leben gekommen. Amer und Moussa, zwei junge Männer, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren und auf einmal den Hamas-Terroristen gegenüberstanden.
"Meine Familie leidet sehr", sagt Shtewe. "Mein Bruder hat jetzt schwere Depressionen und ist in Behandlung. Wir bräuchten Hilfe vom Staat. Für seine Frau und seine Kinder."
Bei Amer haben sie 16 Tage nicht gewusst, ob er noch lebt - bis seine Leiche identifiziert wurde. Moussa hinterlässt eine schwangere Frau.
Insgesamt wurden wohl 22 arabische Beduinen bei dem Angriff der Hamas getötet. Sieben werden noch vermisst. Viel Aufmerksamkeit bekommen ihre Familien bisher nicht - und auch nur wenig an Hilfe.