Krieg in Nahost "Die Menschen brauchen etwas Schönes"
Nach dem Terror der Hamas gibt es in Israel zahlreiche Solidaritätsaktionen für Betroffene. In einem unterirdischen Parkhaus in Tel Aviv packen Hunderte Freiwillige Pakete, verkaufen Obst und Gemüse - und spielen Musik.
Dass das kein Konzertsaal ist, sieht man auf den ersten Blick. Und doch spielt hier ein professionelles Streichquartett in einem Parkhaus - unterirdisch wegen der Raketen aus dem Gazastreifen. Zwischen lauter Ständen, Kartons und Paletten herrscht ziemliches Chaos.
Liora spielt eigentlich Geige im Jerusalem Symphony Orchestra. Studiert hat sie in Köln - und gerade fühlt sie sich mit ihrer Musik am richtigen Ort: "Die Menschen brauchen etwas Schönes, über das sie nachdenken können. In diesem ganzen Horror, denke ich, dass Musik die Menschen zusammenbringt. Dann denken wir an die guten Dinge, die wir gemeinsam haben und nicht an das Schlechte."
Streichquartett im Parkhaus: Liora (links) spielt eigentlich Geige im Jerusalem Symphony Orchestra
Hilfe im Namen von Eran
Auch Orat Ben Hamo ist hier. Ein großer Mann im weißen T-Shirt. Im richtigen Leben macht er Marketing. Jetzt organisiert er ein großes Logistikzentrum auf dem Messegelände von Tel Aviv.
Die Organisation, die all das auf die Beine stellt, heißt "Eran's Angels". Eran ist vor fast zehn Jahren gestorben. Damals wollten ein paar Freunde in seinem Namen etwas Gutes tun. Heute sind es Hunderte, vielleicht Tausende, die etwas tun wollen. Für die vielen Soldatinnen und Soldaten an der Front - und für die rund 200.000 Israelis, die ihre Häuser und Wohnungen verlassen haben. Am Gazastreifen und im Norden an der libanesischen Grenze, weil es dort gerade zu gefährlich ist.
Hilfe für Bedürftige: Freiwillige sortieren gespendete Kleidungsstücke.
Hunderte Pakete für Hilfsbedürftige
"Eran's Angels" beliefern sie aus dem Parkhaus in Tel Aviv mit Paketen, darin sind Socken, Seife, Babynahrung und vieles mehr. Heute ist schon ein ganzer Haufen an Paketen rausgegangen.
"Es funktioniert", freut sich Ben Hamo, "100 Prozent der Unterstützung, die wir bekommen, kommt von Freiwilligen". Ein paar Meter weiter stehen Stände voller Obst und Gemüse. Bestimmt 5.000 Menschen waren heute schon hier, um einzukaufen. Ganze Familien sind da und tragen Kisten raus mit Tomaten, Gurken und Melonen.
"All das Obst und Gemüse kommt von den Orten, die von den Terroristen angegriffen wurden. Freiwillige sind da hin und haben all das geerntet. Und sie verkaufen es, damit wir noch mehr Waren kaufen können. Das alles ist im Grunde ein Kreislauf der Arbeit von Freiwilligen", erzählt er weiter.
200 bis 250 Freiwillige halten das Ganze heute im unterirdischen Parkhaus der Messe Tel Aviv am Laufen. Ständig kommt neue Ware, zum Teil von Firmen, zum Teil von Privatleuten gespendet. Und immer wieder gehen Pakete raus, die freiwillige Fahrer dahin bringen, wo die Sachen gebraucht werden.
Solidarität, die noch lange gebraucht wird
Und so manch einer bleibt stehen beim Streichquartett von Liora. "Es ist wunderschön, dass all diese Menschen etwas von ihrer Zeit, ihrem Geld geben, um anderen zu helfen. Das ist wunderbar", sagt Liora. "Im Vergleich dazu bin ich ziemlich bescheiden - alles, was ich kann, ist Geige spielen. Das ist auch inspirierend zu sehen, wie sehr die Menschen ihr Land lieben, wie sie ein Teil des Aufbaus sein wollen, indem sie einander unterstützen."
Man kann hier erleben, wie ein ganzes Land allen Streit überwunden hat und zusammenhält. Und alle wissen: Diese Solidarität werden sie noch lange brauchen.