Ein israelischer Soldat steht vor einem von einer Hisbollah-Rakete beschädigtem Haus in Metula, Nordisrael.

Krieg in Nahost Rückt eine Waffenruhe im Libanon näher?

Stand: 11.11.2024 13:24 Uhr

Wenn man Israels neuem Verteidigungsminister glaubt, dann ist die Hisbollah im Libanon am Ende. Bewohner im Norden haben da allerdings einen anderen Eindruck. Konkreter werden offenbar Verhandlungen über eine Waffenruhe.

In Israel gehen die Meinungen über die Erfolge im Krieg gegen die Hisbollah auseinander. Wenn man Israel Katz, den neuen Verteidigungsminister, hört, klingt schon jetzt alles nach einem großartigen Sieg: "Wir haben die Hisbollah geschlagen und die Tötung von ihrem Chef Nasrallah war die Krönung", sagt er. Die Aufgabe nun sei es, den Druck hoch zu halten und die "Früchte dieses Sieges zu ernten, in dem wir sicherstellen, dass sich die Sicherheitssituation im Libanon verändert".

Widerspruch kommt von den Menschen, die nah dran sind: Praktisch jeden Tag gibt es Raketenalarm vor allem im Norden Israels - die Hisbollah hat zuletzt dutzende Raketen täglich abgefeuert. Immer noch sind rund 60.000 Menschen an der Grenze nicht in ihren Häusern.

Auch in einer Stadt wie Kiryat Schmona ist kaum normales Leben möglich, sagt Bürgermeister Avichai Stern im Fernsehsender Channel 13: "Diese Terroristen wurden nicht vernichtet. Und solange sie nicht vernichtet sind und sich nur wenige Meter von der Grenze entfernt aufhalten, kann man nicht behaupten, die Bedrohung sei beseitigt." Vor allem aber könne man nicht sagen, dass die Hisbollah besiegt wurde, betont Stern. "Wenn sich Israel Katz so sicher ist, dann lade ich ihn ein, hier mit seiner Familie und seinen Kindern gemeinsam mit uns in Kiryat Schmona zu leben."

Weiter Raketen auf den Norden

Israels Armee ist weiter mit Bodentruppen im Südlibanon im Einsatz, täglich fliegen israelische Kampfjets Luftangriffe auch tief im Landesinneren. Mehr als 3.150 Tote melden die dortigen Behörden und rund 14.000 Verletzte. Erst gestern waren bei einem Luftangriff nördlich von Beirut nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums mindestens 23 Menschen getötet worden, darunter sieben Kinder.

Doch besiegt ist die Hisbollah noch lange nicht, meint auch Eldad Yogev, der in Schomera, an der Grenze wohnt: "Vielleicht wurde die Hisbollah in Beer Sheva, Tel Aviv oder Jerusalem besiegt. Hier im Norden jedoch nicht." In den vergangenen drei Tagen seien in unmittelbarer Nähe neun Raketen in Häusern eingeschlagen. "Wir haben keinen Schutz des Iron Dome und dann sollen die Bewohner hierher zurückkehren?" Er zeigt auf ein Haus, in dem normalerweise eine Familie mit zwei Kindern wohnt: "Wollt ihr hierher die Menschen zurückbringen? Das Haus wurde direkt getroffen. Hätten sich hier Menschen aufgehalten, wären sie jetzt tot", beklagt Yogev.

Details zum möglichen Abkommen über Waffenruhe durchgesickert

Tatsächlich werden aber die diplomatischen Bemühungen um eine Waffenruhe im Libanon derzeit noch einmal verstärkt. Ron Dermer, Minister in der israelischen Regierung und ein wichtiger Vertrauter von Premierminister Benjamin Netanyahu war bereits zu Gesprächen in Russland und ist inzwischen in die USA aufgebrochen.

Teile eines möglichen Abkommens waren in den vergangenen Tagen durchgesickert: Demnach soll die Waffenruhe zunächst 60 Tage dauern, Israel würde seine Truppen abziehen. Die libanesische Armee würde, zusammen mit der UN-Mission UNIFIL, für Sicherheit sorgen. Ziel ist es, die UN-Resolution 1701 aus dem Jahr 2006 durchzusetzen, nach der der Süden des Libanon eine demilitarisierte Zone sein soll.

UN-Botschafter zeigt sich optimistisch

Dani Danon, Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, unterstrich im Maariv-Radio, dass es Fortschritte gebe: "Zuerst einmal begrüßen wir die Erfolge der Armee, die uns überhaupt in die Lage gebracht haben, über ein Abkommen sprechen zu können." Und auch bei bei den Gesprächen sei man vorangekommen. "Wir sind gewillt, das Ereignis zum Ende zu bringen. Aber: Wir brauchen auch Garantien, die uns ermöglichen werden, in Zukunft weiterhin Bedrohungen an unseren Grenzen zu bekämpfen."

Die Verhandlungen könnten rund um die Sitzung des UN-Sicherheitsrats Ende November Fahrt aufnehmen. Die USA, die sich für eine Waffenruhe einsetzen, könnten als Veto-Macht Israel unter Druck setzen, sich auf ein Abkommen einzulassen.

Ob das dann einen dauerhaften Waffenstillstand bringt und ob die Menschen beiderseits der Grenze zwischen Israel und dem Libanon wieder in Sicherheit leben können, ist zur Zeit aber noch alles andere als klar.

Jan-Christoph Kitzler, ARD Tel Aviv, tagesschau, 11.11.2024 12:42 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 11. November 2024 um 13:36 Uhr.