Deutscher Botschafter Israel legt Beschwerde gegen Seibert ein
In Berlin ist eine offizielle Beschwerde Israels gegen den dortigen deutschen Botschafter Steffen Seibert eingegangen. Hintergrund ist dessen Teilnahme an einer Sitzung des Obersten Gerichts zur Justizreform.
Die israelische Regierung hat offiziell Beschwerde gegen den deutschen Botschafter Steffen Seibert eingelegt. Das berichtete die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf einen nicht genannten israelischen Vertreter. Zuvor hatte auch der Fernsehsender Channel 13 über den Vorgang berichtet. Demnach soll der Außenminister Israels, Eli Cohen, die Beschwerde über den israelischen Botschafter in Berlin übermittelt haben.
Anlass für die Kritik am deutschen Botschafter in Israel ist seine Teilnahme als Zuschauer an einer Sitzung des Obersten Gerichts am vergangenen Dienstag. Erstmals in der Geschichte des Landes waren alle 15 Richterinnen und Richter zusammengekommen, um über einen Teil der umstrittenen Justizreform zu beraten. Die Anwesenheit Seiberts habe die israelische Regierung als Einmischung in innere Angelegenheiten gewertet, hieß es von der dpa weiter.
"Etwas Wichtiges passiert hier für Israels Demokratie"
Seibert hatte sich nach der fast 14-stündigen Sitzung des Obersten Gerichts im Nachrichtendienst X, ehemals Twitter, geäußert. "Ich denke, etwas Wichtiges passiert hier für Israels Demokratie. Wir als Freunde Israels schauen mit großem Interesse auf das Oberste Gericht. Das wollte ich mir ansehen", sagte er in einem kurzen veröffentlichten Video.
Gericht berät über sogenannte Angemessenheitsklausel
Kern der richterlichen Beratungen war die sogenannte Angemessenheitsklausel. Diese war Ende Juli mit der Mehrheit der rechtsreligiösen Parteien im israelischen Parlament aufgehoben worden. Dadurch wurde den Obersten Richtern die Möglichkeit genommen, Entscheidungen und Gesetze als unangemessen einzustufen und sie als ungültig zu erklären. Gegen die Streichung der Klausel wurden jedoch acht Petitionen eingereicht, mit denen sich das Oberste Gericht nun befasst. Mit einer Entscheidung wird allerdings erst in einigen Wochen gerechnet.
In Israel gibt es seit Monaten immer wieder massive Proteste gegen die Justizreform. Kritiker sehen in ihr eine Gefahr für die Demokratie und einen Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz. Auch wenige Tage vor der Sitzung des Obersten Gerichts waren in mehreren Städten des Landes erneut zehntausende Menschen auf die Straße gegangen.
Seit mehr als einem Jahr Botschafter in Tel Aviv
Seibert hatte den Posten als deutscher Botschafter in Israel im Juli des vergangenen Jahres angetreten. Zuvor war er mehr als elf Jahre lang Regierungssprecher unter der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel gewesen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Seibert Kritik seitens der israelischen Regierung auf sich zieht. Auch wegen seiner Teilnahme an einer Gedenkfeier israelischer und palästinensischer Familien für ihre getöteten Angehörigen war er im Juni scharf kritisiert worden.