Tausende Menschen auf der Flucht Lage im Libanon bleibt angespannt
In der libanesischen Hauptstadt Beirut sind durch israelischen Beschuss Tausende Menschen aus ihren Häusern im Süden der Stadt vertrieben worden. Für sie und alle anderen Bewohner Beiruts ist die Lage dramatisch.
Sie hocken auf dem Bürgersteig und auf Decken in einer kleinen Grünanlage, am Rande eines unbebauten Grundstücks irgendwo in Beirut: Vertriebene aus dem Süden der Hauptstadt, die sich durch den israelischen Beschuss nicht mehr sicher fühlen. Die kein Zuhause mehr haben und jetzt nicht wissen, wohin. Darunter auch viele syrische Flüchtlinge, die nun erneut fliehen mussten.
"Meine Lage ist äußerst schwierig", erzählt Raed der Nachrichtenagentur Reuters. Ich habe eine Familie, fünf Töchter und die Familie meines Bruders - wir alle wissen nicht, wohin wir gehen können. Wir wissen nicht, was unser Schicksal ist."
Bis zu eine Million auf der Flucht
So wie dem Flüchtling Raed geht es vielen Menschen im Libanon - nach Angaben des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Najib Mikati könnte die Zahl der Vertriebenen weit höher liegen als zuletzt von den UN angegeben: Geschätzt seien es bis zu eine Million Menschen, so Mikati bei einer Krisensitzung des Kabinetts.
Das sei die größte Welle an Geflüchteten in der Geschichte des Libanon. "Wir versuchen diesen Herausforderungen zu begegnen - wir haben Unterkünfte für 118.000 Geflüchtete. Aber die Zahl der Vertriebenen dürfte weit höher sein", so Mikati weiter.
Auch nach dem Tod von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah kommt es im Libanon immer noch zu heftigem israelischen Beschuss. Die israelische Armee meldete zudem einen weiteren "Präzisionsangriff" auf eine Hisbollah-Hochburg im Süden Beiruts - weitere Hisbollah-Funktionäre sollen dabei getötet worden sein.
"Lasst uns Blut und Zeit sparen"
Aber auch Zivilisten sterben bei den Angriffen: Die staatliche Nachrichtenagentur des Libanon berichtet von mindestens 17 Angehörigen einer Familie, darunter Frauen und Kinder, die im Osten des Libanon durch einen Luftangriff starben. Diese Berichte können nicht überprüft werden.
Angesichts der Eskalation appellierte die geschäftsführende libanesische Regierung erneut mehr oder weniger hilflos an die Diplomatie: "Wir haben keine andere Wahl als den diplomatischen Weg. Lasst uns Blut und Zeit sparen und zur Umsetzung der Resolution 1701 übergehen. Die libanesische Armee ist bereit, diese umzusetzen, und wir müssen alles tun, um die Mission zu erfüllen."
Die UN Resolution 1701 beinhaltet unter anderem den Rückzug der Hisbollah hinter den Litani-Fluss, etwa 30 Kilometer von der israelischen Grenze entfernt. Den südlichsten Teil des Libanon soll demnach die libanesische Armee mit Hilfe der internationalen UN-Mission Unifil kontrollieren.
Internationale Rufe nach Feuerpause
Auch international werden die Rufe nach einer Feuerpause laut: US-Präsident Joe Biden erklärte, es sei Zeit für eine Waffenruhe. Auch Frankreich forderte ein sofortiges Ende der israelischen Angriffe und sprach sich gegen eine Bodenoffensive im Libanon aus.
Doch mit dieser rechnen im Libanon viele: Israels Premierminister Benjamin Netanyahu nannte den Tod Nasrallahs einen "historischen Wendepunkt" und scheint entschlossen zu sein, die Hisbollah weiter zu zerstören.
Iranische Reaktion weiter unklar
In diesem Krieg sei die schiitische Miliz eindeutig unterlegen, so der ehemalige Brigade-General Haassan Jounih, selbst Schiit: Die Hisbollah habe sich traditionell auf die Schlacht vorbereitet, mit Waffen, Raketen und Ausbildung der Kämpfer. "Aber die technologische Vorbereitung im Bereich Cyberkrieg war nicht ausreichend, und da hat Israel bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Die Ergebnisse sehen wir jetzt: eine überwältigende Überlegenheit Israels gegenüber der Hisbollah", so Jounih.
Unklar ist nun, wie sich der Iran als engster Verbündeter der Hisbollah verhalten wird. Aufgrund der fortschreitenden Eskalation forderte der Iran erst mal eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats.