Zehn Jahre nach Verschwinden Forscher will MH370 lokalisiert haben
Es ist eines der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte: Das Verschwinden der MH370 - und mit ihr 239 Menschen an Bord. Ein australischer Forscher will nun den möglichen Ort des Wracks ermittelt haben - und hofft auf eine neue Suche.
Vor mehr als zehn Jahren verschwand der Flug MH370 der Malaysia Airlines mit 239 Menschen an Bord spurlos von den Radarschirmen. Das Flugzeug war am 8. März 2014 auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking, als der Kontakt abbrach. Eines der größten Mysterien der Luftfahrtgeschichte nahm seinen Lauf. Forscher und Luftfahrtexperten haben immer wieder versucht, die Puzzleteile zusammenzusetzen - ohne Erfolg.
Ein australischer Forscher will nun den Verbleib der Maschine geklärt haben. Vincent Lyne vom Institut für Meeres- und Antarktisforschung von der University of Tasmania behauptet in seiner Studie, den genauen Standort des Wracks lokalisiert zu haben - in einem 6.000 Meter tiefen Loch im Ozean. "Ein perfektes Versteck", schrieb Lyne vor wenigen Tagen in einem Beitrag auf LinkedIn.
Das Loch befinde sich am Ende des Broken Ridge, eines ozeanischen Plateaus im südöstlichen Indischen Ozean, das etwa 2.000 Kilometer vor der Westküste Australiens liegt. Die dortige Meeresumgebung sei "sehr zerklüftet und gefährlich", schrieb Lyne. Das erkläre, warum das Wrack bisher nicht gefunden wurde. Die Studie aus dem Jahr 2021 wurde jetzt vom renommierten Fachblatt "Journal of Navigation" nach einem Peer-Review-Verfahren akzeptiert und veröffentlicht.
Keine Spuren - bis auf Trümmerteile
Ein Rückblick: In der Nacht auf den 8. März 2014 hob die Boeing 777 problemlos vom internationalen Flughafen in Kuala Lumpur ab. Um 1.19 Uhr war der erfahrene Kapitän Zaharie Shah zum letzten Mal aus dem Cockpit zu hören. Kurz darauf wurde der Transponder abgeschaltet - ein Gerät, das der Flugsicherung am Boden Daten zur Erkennung übermittelt.
Etwa zwei Stunden nach dem Start verschwand das Flugzeug von den letzten Radarschirmen. Sieben Stunden lang empfing ein Satellit noch sogenannte Ping-Signale von MH370. Etwa so lange dauert es, bis der Tank leer gewesen wäre. An Küsten entlang des Indischen Ozeans wurden später Trümmerteile angespült. Vom Hauptrumpf des Flugzeugs, den Insassen und dem Flugrekorder fehlt aber bis heute jede Spur. Eine jahrelange Unterwassersuche wurde ergebnislos abgebrochen.
Bis heute wurden nur einzelne Wrack-Teile gefunden - wie hier 2015 an einem Strand der zu Frankreich gehörenden Insel La Réunion im indischen Ozean.
Lyne vermutet absichtliche Landung
Aber warum stürzte die Maschine ab? Die Spekulationen reichten bisher von einer Entführung über den Suizid des Piloten bis hin zu einem absichtlichen oder versehentlichen Abschuss von Militärs. Beweise gab es nie. Vincent Lyne ist überzeugt, dass nicht Treibstoffmangel - wie oft vermutet - verantwortlich war, sondern ein absichtliches Landemanöver des Kapitäns im Wasser.
Als Beweise führt er Schäden an den Flügeln und am Klappensystem sowie an der vor der Insel La Réunion vor der Ostküste Afrikas gefundenen Flügelklappe an. Diese ähnelten den Schäden nach der kontrollierten Notlandung von Kapitän Chesley "Sully" Sullenberger auf dem New Yorker Hudson River im Jahr 2009, schrieb der Wissenschaftler. Alle 155 Menschen an Bord überlebten damals die aufsehenerregende Notlandung.
Schnittpunkt von Landebahn und Simulator-Route
Seine Ergebnisse stützten die Theorie des kanadischen Luftfahrtexperten und früheren Flugunfallermittlers Larry Vance, der ebenfalls von auffälligen Schäden an einem entdeckten Wrackteil gesprochen hatte. Auch er ging von einer kontrollierten Landung auf dem Wasser aus und nicht von einem Aufprall bei voller Geschwindigkeit. Ob der Pilot sich aber wegen einer Notlage zu diesem Schritt entschied oder es einen Plan gab, die Maschine absichtlich ins Meer zu steuern und verschwinden zu lassen, konnten auch die jüngsten Forschungsergebnisse nicht klären.
Lyne zufolge hätte es der Pilot aber fast geschafft, ein unglaublich perfektes Verschwinden des Flugzeugs umzusetzen. "Tatsächlich hätte es funktioniert, wenn MH370 nicht mit seiner rechten Tragfläche durch eine Welle gepflügt wäre." Für seine Studie kombinierte Lyne den Längengrad der Landebahn des malaysischen Flughafens Penang mit einer auf dem Heim-Simulator des Piloten entdeckten Flugroute - die FBI-Ermittler zuvor als "irrelevant" abgetan hätten. Am Schnittpunkt der beiden Linien befindet sich laut Lyne das 6.000 Meter tiefe Loch. MH370 war damals in der Nähe von Penang vom Radar verschwunden.
Forscher hofft auf neue Suche
Lyne forderte die Behörden auf, mit "höchster Priorität den von ihm lokalisierten Standort zu untersuchen. So könnten die verzweifelten Angehörigen nach vielen "verwirrenden Theorien" und "wilden Spekulationen" vielleicht endlich Frieden finden.
Malaysias Regierungschef Anwar Ibrahim hatte noch im März vor zu großem Optimismus gewarnt. "Ich will ihnen keine falschen Hoffnungen machen, dass wir eine Antwort bekommen", sagte er damals der Nachrichtenagentur dpa mit Blick auf die Familien der Opfer. "Aber ich will sie davon überzeugen, dass wir alles tun, was möglich ist." Auch wenn es am Ende "erhebliche Mittel" koste.