Myanmar Mindestens 400 Tote nach Zyklon "Mocha"
Die Folgen von Zyklon "Mocha" sind viel schlimmer als zunächst gedacht: Lokale Medien in Myanmar berichten von Hunderten Toten. Die meisten sind Binnenvertriebene, die nirgendwo Schutz finden konnten.
Durch den Zyklon "Mocha" sind in Myanmar offenbar deutlich mehr Menschen gestorben als bislang angenommen. Noch ist die Lage unübersichtlich, lokale Medien und Augenzeugen berichten bislang von mindestens 400 Toten. Gestern wurden von Hilfsorganisationen Opferzahlen im einstelligen Bereich gemeldet. So sprach die Hilfsorganisation Oxfam erst noch von acht Toten.
Bei den Toten handele es sich vor allem um Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya, bestätigte ein Sprecher der "Nationalen Einheitsregierung" (NUG) der Nachrichtenagentur dpa. Bei der NUG handelt es sich um eine Art demokratische Schattenregierung, die sich nach dem Militärputsch von 2021 als Alternative zur regierenden Junta gebildet hat.
Viele Vermisste in Flüchtlingscamps der Rohingya
Auch die Nachrichtenseite "The Irrawaddy" berichtete von mindestens 400 Toten in Camps der Rohingya rund um die Stadt Sittwe im Bundesstaat Rakhine. Viele seien ertrunken oder von herabstürzenden Bäumen erschlagen worden.
Seit dem Militärputsch leben in der Region wegen anhaltender Gewalt durch die Junta viele Vertriebene der muslimischen Minderheit der Rohingya in notdürftigen Unterkünften. Sie hätten sich in den Camps kaum vor den heftigen Windböen und dem Starkregen schützen können.
Noch werden viele Menschen vermisst. "Der Sturm ist gerade erst vorbei, es braucht Zeit, bis alle Opfer gezählt sind", sagte ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur dpa.
UN gehen von "Alptraumszenario" aus
Auch den Vereinten Nationen (UN) liegen bislang keine Zahlen zu Toten und Verletzten vor. Erste Berichte aus Lagern für Binnenvertriebene in der Stadt Sittwe deuteten jedoch darauf hin, dass dort "kein Haus verschont" worden sei, sagte Ramanathan Balakrishnan, der UN-Hilfskoordinator in Myanmar.
Der Zyklon ist laut UN-Schätzungen durch Gebiete mit 4,5 Millionen Einwohnern gefegt. Davon gelten 3,1 Millionen als besonders gefährdet, weil sie schon vor Ankunft des tropischen Wirbelsturms nur über mangelhafte Unterkünfte, Ernährung und Einkünfte verfügten, betonte Balakrishnan. "Es ist wirklich ein Alptraumszenario", sagte er in einer Videoschalte aus Yangon.
Ärmste Teile des Landes besonders betroffen
"Mocha" hat laut Balakrishnan die ärmsten Teile des Landes getroffen, die zuvor schon von der Corona-Pandemie, innerstaatlichem Konflikt und von wirtschaftlichen Problemen betroffen waren. "Jetzt sind sie auch noch an der Front der Klimakrise", sagte er mit Blick auf die immer häufigeren Wetterextreme, die im Zuge der Erderwärmung beobachtet werden.
Die Hilfsorganisation Oxfam hatte zuvor erklärt, der Sturm habe enorme Auswirkungen auf das Leben der Binnenvertriebenen. "Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, die erforderlichen Mittel bereitzustellen, um ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen."
Baerbock appelliert an internationale Gemeinschaft
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schloss sich dem Appell nach mehr Hilfe an. Sie rief die internationale Gemeinschaft zur Unterstützung der Opfer auf. Es sei "wichtig, dass wir jetzt den Zugang vor allen Dingen für die Schwächsten in den Regionen, die ohnehin schon massiv gebeutelt sind, gewährleisten können", sagte die Grünen-Politikerin am Rande eines Besuches im saudi-arabischen Dschidda.
Sie sei dankbar, dass aus dem humanitären Nothilfefonds für Myanmar, zu dessen Gebern Deutschland gehört, am Sonntag rasch zwei Millionen US-Dollar (rund 1,84 Millionen Euro) Nothilfe ausgezahlt worden seien. "Denn, was es jetzt braucht, ist vor allen Dingen die akute Notversorgung in einer Region, in der es ohnehin alles andere als einfach ist, die Menschen zu erreichen", betonte Baerbock.
Der tropische Wirbelsturm war am Sonntag mit Windgeschwindigkeiten von teilweise mehr als 250 Kilometern pro Stunde in Myanmar und dem benachbarten Bangladesch auf Land getroffen. Es war der heftigste Zyklon in der Region seit mehr als einem Jahrzehnt. Das ganze Ausmaß der Schäden wird aber erst langsam deutlich.