Libanesen, die vor den israelischen Luftangriffen aus den südlichen Dörfern geflohen sind, sitzen in einem Pickup in Beirut.

Angriffe auf den Libanon Auf der Flucht

Stand: 27.09.2024 04:22 Uhr

Seit sich der Konflikt zwischen der Hisbollah und Israel zuspitzt, sind im Libanon Zehntausende geflohen. Die Lage sei schlimmer als im Krieg 2006, sagt eine Frau. Und eine Waffenruhe scheint nicht in Sicht.

Zehntausende Menschen sind innerhalb des Libanons auf der Flucht - aus dem Süden und Osten des Landes, wo weiterhin israelische Geschosse einschlagen.

Auch die 58-jährige Ferial Mehsen ist aus Südlibanon in die libanesische Hauptstadt Beirut geflohen. Dort ist sie jetzt mit ihrer Tochter und ihren Enkeln in einer Schule, die als Notunterkunft dient. "Ich habe den letzten Krieg 2006 mitgemacht. Da hatten wir auch Angst, aber nicht so wie dieses Mal", sagt sie. "Wir haben gelitten und standen plötzlich auf der Straße. Aber jetzt ist die Lage schlimmer."

Und sie könnte noch schlimmer werden. Libanons amtierender Innenminister Bassam Mawlawi spricht von einer großen logistischen Herausforderung: "Es ist schwer, wenn so viele Menschen aus einem Viertel des Staatsgebiets sich innerhalb von zwei Tagen von einem Ort zum anderen bewegen und plötzlich irgendwo auftauchen." Es sei nicht einfach, dabei die Sicherheit zu gewährleisten, sagt er und bedankt sich bei den Sicherheitskräften.

Waffenruhe bisher nicht in Sicht

Währenddessen gehen die Angriffe weiter. Wieder gab es Explosionen im Süden Beiruts. Israelische Kampfjets haben mehrere Geschosse abgefeuert. Wieder war das Angriffsziel offenbar ein hochrangiger Hisbollah-Kommandeur, diesmal wohl aus einer Drohneneinheit. Bilder zeigen zerstörte Häuser, Rauch über dem Süden der Stadt. Dort, wo die Hisbollah sitzt.

Die Kämpfe bringen den Libanon wirtschaftlich zum Fall - so beschreibt es der amtierende libanesische Wirtschaftsminister. Er hofft, dass Frankreich, die USA und andere Staaten Erfolg haben, mit ihrem Vorstoß für eine Waffenruhe. "Das Land kann keine Risiken und Gewalt mehr ertragen", sagt Amin Salah im Interview mit der ARD. "Jede Eskalation und Weiterführen der jetzigen Situation wird eine Katastrophe bringen." Die nächsten 24 bis 48 Stunden seien entscheidend.

Nach Waffenruhe sieht es derzeit aber nicht aus: Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu wies seine Armee an, die Kämpfe mit voller Kraft fortzusetzen. Israelische Kampfjets haben nach eigenen Angaben Infrastruktur an der syrisch-libanesischen Grenze zerstört, um Waffenlieferungen von Syrien an die Hisbollah zu verhindern. Auch die Hisbollah feuerte laut arabischen Medien Raketen Richtung Israel ab.

Wie vor 18 Jahren

Mittendrin: Zehntausende Menschen auf der Flucht. Menschen, wie die libanesische Großmutter Mehsen und ihre Enkel. Ein vielleicht schwacher Trost: Sie kannte schon den Ort, wo sie jetzt mit Tochter und Enkeln Zuflucht suchte. "Wir sind an demselben Ort wie damals während des Juli-Krieges. Damals bin ich auch hier untergekommen, in dem Zimmer da drüben", erzählt sie. "Und auch jetzt bin ich hier, aber in einem anderen Zimmer. Nur Gott weiß, warum: Jedes Mal, wenn ich vertrieben werde, lande ich in demselben Gebäude."

Der Krieg zwischen Israel und der Hisbollah, von dem die Frau spricht, endet im Jahr 2006 nach gut einem Monat mit einem Waffenstillstand. Ein zentraler Punkt der damaligen UN-Resolution war, dass sich die Hisbollah gut 30 Kilometer nördlich hinter der Grenze zu Israel zurückzieht. Das ist niemals geschehen.