Nahost-Politik nach Trump-Sieg Israel muss sich auf neue Töne aus den USA einstellen
Auch im Nahen Osten hat man Donald Trumps Versprechen gehört, als US-Präsident Kriege zu beenden. Unabhängig davon, welche Akzente er tatsächlich setzen wird: Er wird einiges anders machen als sein Vorgänger Joe Biden.
Bei den Menschen im Gazastreifen gibt es nur eine Hoffnung, die mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten verbunden ist: dass der Krieg dort möglichst bald endet. Umm Ahmed Harb aus Gaza-Stadt beispielsweise sagte der Agentur AFP: "Wir hoffen, dass Trump den Krieg beendet, nicht nur für uns, sondern für das Heil der kleinen Kinder, die im Krieg gefangen sind und an Hunger sterben."
Und Ibrahim Aliyan ergänzte: "Im Wahlkampf hat Trump gesagt, er werde ein Ende der Aggression in Gaza fordern und die Kriege im Nahen Osten beenden. Das wichtigste, was wir von ihm jetzt wollen ist, dass er den Krieg in Gaza beendet. Trump ist ein Mann der Wirtschaft, er hat kein Interesse an Kriegen."
"Wir arbeiten nicht mit einer amerikanischen Uhr"
Auch auf israelischer Seite hat man die Versprechen Donald Trumps gehört, diverse Kriege zu beenden. Doch Vertreter der Regierung von Benjamin Netanyahu sind deutlich zurückhaltender, wenn es an Umsetzungsfragen geht.
So sagt es Danny Danon, Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, im Channel 12: "Bereits im Wahlkampf hat sich Trump gegen Kriege ausgesprochen, gegen eine amerikanische Beteiligung. In einer seiner Reden sagte er, er erwarte von Israel den Krieg im Gazastreifen bis zu seinem Einzug ins Weiße Haus, am 20. Januar, also in zwei Monaten, zu beenden", sagt Danon. "Ich bin mir nicht sicher, ob wir das erfüllen können. Wir arbeiten nicht mit einer amerikanischen Uhr. Wir orientieren uns an unseren Zielen und Bedürfnissen."
Regierungschef Benjamin Netanyahu wurde in den letzten Monaten immer wieder vorgeworfen, den Krieg in Gaza zu verlängern. Angehörige der immer noch verschleppten Geiseln kritisieren ihn dafür, sich auf keinen neuen Deal mit der Hamas eingelassen zu haben.
Netanyahu muss möglicherweise seine Taktik ändern
Doch Beobachter wie Michael Oren, der mal israelischer Botschafter in den USA war, sagen, dass Netanyahu mit einem Präsident Trump möglicherweise seine Taktik wird ändern müssen: "Mit Donald Trump kann man keine Spielchen spielen und man kann ihn auch nicht hinhalten. Er kann uns Dinge diktieren", sagt Oren.
"Wir reden von einem Donald Trump, der kein Befürworter von Siedlungen ist, einem Donald Trump, der keine teuren Kriege mag, von einem Donald Trump, der sich gegen eine Annexion der C-Gebiete ausgesprochen hat, der einen Friedensplan mit zwei Staaten unterzeichnet hat. Und wenn er sagt, dass die Israelis mit den Saudis über den Weg zu einem palästinensischen Staat reden müssen, dann sollten wir gehorchen."
Netanyahus rechtsextreme Koalitionspartner sind dagegen völlig begeistert von der Wahl Trumps - und setzen darauf, unter ihm noch mehr freie Fahrt zu haben, als ohnehin schon. Unter anderem auch beim Ausbau der Siedlungen im besetzten Westjordanland, möglicherweise sogar bei neuen israelischen Siedlungen in Gaza.
Rechtsextremer Minister Ben Gvir jubelt
Itamar Ben Gvir, Minister für Nationale Sicherheit und ein verurteilter Unterstützer terroristischer Organisationen, jubilierte in der Knesset, dem israelischen Parlament: "Jetzt ist die Zeit für Souveränität, die Zeit für den totalen Sieg. Die Zeit, um die Todesstrafe für Terroristen hier in Israel zum Gesetz zu machen. Alle Arten von Gesetzen, bei denen ich keinen Zweifel habe, dass der US-Präsident sie so sieht wie wir."
Politiker der Opposition in Israel waren heute mit der handfesten Regierungskrise beschäftigt, nachdem Netanyahu gestern Verteidigungsminister Yoav Gallant entlassen hatte. Gallant hatte die Kriegführung immer wieder offen kritisiert und unter anderem einen Plan für die Zukunft des Gazastreifens verlangt.
Oppositionsführer Yair Lapid betonte heute, dass Gallant auch für die USA, den größten Unterstützer Israels, ein wichtiger Ansprechpartner war: "Während wir an sieben Fronten kämpfen und der Iran zwei Mal im Jahr seine Drohnen hierherschickt, wird der israelische Verteidigungsminister entlassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeine amerikanische Regierung darauf mit Verständnis reagieren wird", sagte Lapid.
Oppositionsführer Lapid gratuliert
Heute früh habe er Trump zu seinem "historischen Comeback" gratuliert. "Ich bin froh, dass es einen pro-israelischen Präsidenten im Weißen Haus gibt. Aber es wird keine amerikanische Regierung geben, die diese Entlassung als logisch betrachten wird."
Unabhängig davon, welche Akzente Donald Trump im Nahen Osten setzen wird und wann: Israel wird sich auf neue Töne aus den USA einstellen müssen - das könnte auch Einfluss haben auf das Kriegsgeschehen.