Yair Lapid

Krieg im Nahen Osten Israels Opposition geschlossen gegen Gallant-Rauswurf

Stand: 06.11.2024 15:54 Uhr

Israels Opposition gilt als zerstritten - und blass, wenn es um den Widerstand gegen die Regierung geht. Doch nach dem Rauswurf von Verteidigungsminister Gallant stellt sie sich geschlossen gegen Premier Netanyahu und ruft zu massiven Protesten auf.

Am Dienstagabend erklärte Israels Premier Benjamin Netanyahu die Zusammenarbeit mit Verteidigungsminister Yoav Gallant für beendet: Er warf ihn raus. Auf Israels Straßen löste das umgehend Proteste aus. Und Stunden später ruft auch die politische Opposition zum Widerstand auf.

In ihrer Entrüstung über Gallants Rauswurf zeigt die sonst eher uneinige israelische Opposition ungewöhnlich geschlossen: Vier führende Politiker riefen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zu neuen Protesten im Land auf. Die Bürger Israels müssten in den Streik treten, forderte Yair Golan, Vorsitzender der Demokraten, des Bündnisses zwischen der sozialdemokratischen Arbeitspartei und der linksliberalen Merez. "Geht auf die Straße", rief er die Israels Bürger auf X auf.

Opposition wirft Netanyahu Gefährdung der Sicherheit vor

Netanyahu hatte die Entlassung mitten im Krieg mit einem zerrütteten Vertrauensverhältnis begründet. Die Opposition sieht allerdings andere Beweggründe: Sie wirft ihm vor, aus egoistischen politischen Gründen gehandelt zu haben - und so die Sicherheit Israels zu gefährden.

Der Oppositionsführer und ehemalige Ministerpräsident Yair Lapid sagte, Netanyahu habe Gallant entlassen, um die umstrittene Freistellung strengreligiöser Männer vom Wehrdienst durchsetzen zu können und damit den Erhalt seiner Koalition zu sichern. Der Regierungschef habe "sich für die Drückeberger und nicht für die Wehrdienstleistenden entschieden".

"Was sollen unsere Kämpfer im Libanon denken?"

"Die letzte vertrauenswürdige Person in dieser verrückten Regierung wurde gestern gefeuert", so Lapid. Auch die Oppositionspolitiker Benny Gantz und Avigdor Lieberman kritisierten Netanyahus Schritt scharf. "Was sollen unsere Kämpfer im Libanon denken, wenn der Verteidigungsminister entlassen wurde, nachdem er Wehrpflichtbefehle erlassen hat?", fragte Gantz.

Gallants Entlassung tritt am Donnerstagabend offiziell in Kraft. Im März 2023, also ein halbes Jahr vor Kriegsbeginn, wollte Netanyahu ihn schon einmal entlassen. Nach Protesten ruderte er damals aber wieder zurück.

Der nun erfolgte Rauswurf löste in Israel wieder einen Sturm der Entrüstung aus. In der Mittelmeermetropole Tel Aviv und anderswo gingen spontan Tausende Menschen auf die Straße, um gegen die Entlassung und gegen Netanyahu zu demonstrieren. In Tel Aviv blockierten sie die wichtige Stadtautobahn Ajalon mit brennenden Autoreifen und skandierten den Premier als Verräter.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 06. November 2024 um 16:00 Uhr.