Alternative zu Jakarta Zukunftshauptstadt mit alten Problemen
Die indonesische Hauptstadt Jakarta ist überlastet. Die geplante neue Hauptstadt Nusantara soll eine grüne Alternative bieten. Aber vieles läuft nicht wie geplant.
Die Regierung in Indonesien hat den Unabhängigkeitstag des südostasiatischen Landes in der künftigen Hauptstadt Nusantara auf der Insel Borneo gefeiert. Von den ursprünglich 8.000 geladenen Gästen wurde in den vergangenen Tagen ein Großteil wieder ausgeladen.
So viele Menschen könnten derzeit noch nicht mit Nahrungsmitteln versorgt werden, es fehlten Unterkünfte und Transportmöglichkeiten, begründete Indonesiens Präsident Joko Widodo die Entscheidung. Es solle nichts überstürzt werden. Der Präsident hat vor einigen Tagen schon in seinem neuen Palast übernachtet. Dieser hat die Form eines riesigen Adlers, der seine Flügel aufspannt.
Indonesisches Militärparade zur Feier des Unabhängigkeitstages in Nusantara.
Am Montag waren die Minister zu einer ersten Kabinettssitzung in der neuen Hauptstadt zusammengekommen. Ein Zeichen, um Optimismus zu verbreiten. Denn vieles läuft nicht wie geplant. Die Leiter des Projekts sind vor kurzem zurückgetreten, der Umzug der ersten Beamten in ihre neuen Ministerien verzögert sich, es fehlen internationale Investoren.
Eine Aufgabe für Jahrzehnte
"Ich bin hier, um den Geist des Projekts zu stärken", erklärte Präsident Joko Widodo vor kurzem. "Dies ist eine Aufgabe für zehn, 15 oder 20 Jahre. Nichts für ein, zwei oder drei Jahre."
2045 soll die neue Hauptstadt fertig sein. Etwa zwei Millionen Menschen sollen dann in Nusantara leben. Einer Stadt mitten im Dschungel auf der Insel Borneo. Es soll eine Stadt der Zukunft werden - mit kurzen Wegen, grün und nachhaltig. Nusantara heißt übersetzt Archipel - ein passender Name für ein Land mit rund 17.000 Inseln.
Smog und Staus in Jakarta
Der Grund für den rund 30-Milliarden Euro teuren Neubau ist die Überlastung der alten Hauptstadt Jakarta. Die Millionen-Metropole sinkt jedes Jahr um mehrere Zentimeter ab, leidet unter Staus und Smog. Der Neubau hat daher höchste Priorität für die indonesische Regierung.
Nur wenige Kilometer entfernt vom neuen Palast verfolgt Jakiyah die Einweihung im Fernseher. Mit eigenen Augen hat sie die neue Hauptstadt noch nie gesehen. Sie wäre auch gerne vor Ort gewesen, aber aus der lokalen Bevölkerung hatte fast niemand eine Einladung zur Eröffnungsfeier.
Die neue Hauptstadt ist für Leute mit Geld und Rang. Für uns Einheimische, insbesondere die Unterschicht, scheint sie nutzlos zu sein.
Anwohner befürchten Umsiedlungen
Früher war es in ihrer Nachbarschaft ruhig. Seit Baubeginn vor zwei Jahren rattern täglich Lastwagen und Bagger an ihrer Haustür vorbei. Ihre Terrasse ist bedeckt mit grauem Staub. "Ich muss oft husten und habe Probleme zu atmen wegen des Staubs, also sprühe ich jeden Tag Wasser."
Die Familie ihres Mannes gehört zur Volksgruppe der Balik, sie leben seit Jahrzehnten hier in Ost-Kalimantan. Jetzt macht die Familie sich Sorgen, dass sie ihr Land verlieren könnte und umziehen muss.
Eine Baustelle in der neuen indonesischen Hauptstadt Nusantara.
Probleme für Tiere durch neue Schnellstraße
Die Regierung hat den Fluss für den Hafen verbreitert und baut gerade eine Schnellstraße vom Flughafen zur neuen Hauptstadt. Umweltschützer kritisieren, dass die Straße den grünen Korridor für die einheimische Tierwelt durchkreuzt.
Auf Borneo leben bedrohte Orang-Utans, aber auch Nasenaffen und Gibbons. Sie seien die stillen Opfer des Hauptstadt-Neubaus, klagt Umweltschützer Fathur Roziqin Fen, während hinter ihm gemächlich ein Krokodil im Fluss vorbeischwimmt.
Ehrgeiziges Projekt mit ungewisser Zukunft
Für die indonesische Regierung hat die Schnellstraße oberste Priorität. Noch fährt man mehr als zwei Stunden vom Flughafen bis zur neuen Hauptstadt - über kurvige, ruckelige Straßen. Die Schnellstraße soll die Fahrtzeit auf eine halbe Stunde verkürzen.
Der Erfolg von Nusantara hängt auch davon ab, ob die zukünftige Regierung das Mega-Projekt so stark vorantreibt wie der aktuelle Präsident Widodo. Sein Nachfolger Prabowo Subianto übernimmt im Oktober die Regierungsgeschäfte. Er hat wiederholt beteuert, er werde die neue Hauptstadt mit ebenso großem Elan weiterbauen wie sein Vorgänger.