Russisches Olympia-Team Tschaikowsky statt Nationalhymne
Mehr als 300 russische Sportler treten bei Olympia in Tokio an - als Team, nicht als Nation. Die Erwartungen des nationalen olympischen Komitees sind unvermindert hoch. Schon gibt es erste Dopingfälle.
Der russische Kunstturner David Beljawskij kann es kaum erwarten, dass die Olympischen Spiele beginnen. Vor dem Abflug nach Tokio versprach er, bei den Sommerspielen alles zu geben: "Die Einstellung ist einfach super. Ich hoffe, dass wir ähnlich gut gelaunt zurückkehren werden. Und dass wir unseren Fans eine Freude machen werden."
Die Sportbegeisterten vor den Fernsehern werden die 329 russischen Sportler und Sportlerinnen in neutralem Dress erleben: Aufgrund der Sanktionen wegen Doping-Vergehen darf die Sport-Großmacht nicht unter russischer Flagge starten. Das offizielle Outfit ist zwar in den Landesfarben weiß, blau und rot gehalten, der "Russland"-Schriftzug darauf jedoch entfernt. Bei Siegerehrungen wird anstelle der Nationalhymne das "Klavierkonzert Nummer 1" von Pjotr Tschaikowsky gespielt.
"Ungefähr 50 Medaillen" sollen es werden
Der Chef des russischen Olympischen Komitees, Stanislaw Posdnjakow, ist heilfroh, dass die Sportler und Sportlerinnen unter neutralem Status antreten dürfen. Und er schraubte die Erwartungen gleich ein wenig in die Höhe: Nur weil Russland nicht unter eigener Flagge an den Start gehe, bedeute das nicht, dass man keine Ambitionen habe.
"Wie Sie alle wissen, treten bei Olympia Sportler und nicht Nationen gegeneinander an. Deswegen ist der Medaillenspiegel zwar nicht offiziell, aber die Aufgabe ist deswegen nicht weniger gering" betonte er. "Letztes Mal hat unsere Mannschaft im Medaillenspiegel den vierten Platz belegt. Diesmal erwarten wir ein besseres Resultat. Deswegen hoffen wir auf den dritten Platz im Medaillenspiegel, mit einer Gesamtzahl von ungefähr 50 Medaillen."
Auch bei diesen Spielen klare Ziele: Stanislaw Posdnjakow, Chef des Russischen Olympischen Komitees, rechnet mit 50 Medaillen für das Team.
Der Doping-Kampf sei auf einem guten Weg, sagte Posdnjakow. Die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA erfülle alle Verpflichtungen und arbeite gut mit der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA zusammen. "Wir hoffen aufrichtig, dass es keine Doping-Probleme bei diesen Spielen geben wird. Wir machen uns für 'Null-Toleranz beim Doping' stark."
Erneut Sportlern Meldonium-Gebrauch nachgewiesen
Doch schon vor Beginn der Spiele gibt es die ersten Fälle im russischen Team. So wird der Rudervierer nicht an den Start gehen. Das gab der russische Ruderverband bekannt, nach dem zwei Mannschaftsmitglieder positiv getestet worden waren. Bei Nikita Morgachow und Pavel Sorin war die verbotene Hormonsubstanz Meldonium nachgewiesen worden, die eine höhere Belastbarkeit und schnellere Regeneration bewirkt.
Posdnjakow schimpfte, das sei ein eklatanter Vorfall und der dümmste Verstoß überhaupt. Rund 40 russische Sportler sind wegen Strafen nach illegalem Meldonium-Gebrauch gesperrt. Besonders ausgedünnt ist das russische Leichtathletik-Team, da der Verband als Gesamtheit suspendiert bleibt und nur Einzelsportler eine individuelle Starterlaubnis beantragen konnten.
Putin wettert gegen "Politisierung" von Dopingvorwürfen
Russlands Präsident Wladimir Putin, selbst sportbegeistert, gab Ende Juni einen Empfang für die Olympiamannschaft und warnte bei der Gelegenheit nicht vor Dopingmissbrauch, sondern vor politischen Attacken, die "leider noch immer nicht von der Tagesordnung verschwunden" seien.
"Die Rechte und Interessen unserer Athleten müssen vor jeder Willkür geschützt werden - auch vor Entscheidungen, die einzelne Länder durchsetzen, weit über ihre nationalen Vollmachten hinaus", sagte er damals.
Dopingvorwürfe gegen Russland aus dem Westen seien politisch motiviert, das hat der Kremlchef immer wieder deutlich gemacht - und das werde mittlerweile auch in anderen Teilen der Welt so gesehen, meint Putin. Den russischen Athletinnen und Athleten wünschte er bei der Verabschiedung nach Tokio von ganzem Herzen schillernde Siege sowie einen würdigen und einen ehrlichen Kampf.