Menschen skandieren in Tel Aviv Parolen bei einem Protest gegen die Regierung Netanyahus.
Player: audioIsraelisches Parlament beschließt zentralen Punkt der Justizreform

Nahost Weitere Proteste - und neuer Anlauf für Waffenruhe

Stand: 28.03.2025 05:13 Uhr

Der Hamas liegt angeblich ein US-Vorschlag für eine Feuerpause im Gazastreifen vor. Dort gehen wieder Menschen angesichts des Leids und der Zerstörungen auf die Straße. Und auch in Israel wird weiter protestiert.

Während im umkämpften Gazastreifen wieder Bewohner gegen die militant-islamistische Hamas und den Krieg mit Israel aufbegehren, bemühen sich die Vermittler um eine neue Waffenruhe.

Laut der US-Nachrichtenseite Axios liegt der Hamas ein mit Katar abgestimmter US-Vorschlag vor, der die Freilassung eines israelisch-amerikanischen Doppelstaatlers als Gegenleistung für eine Erklärung von US-Präsident Donald Trump vorsieht. Darin würde der sich für eine mehrtägige Feuerpause und die sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen über ein umfassenderes Abkommen aussprechen, hieß es.

Bemühungen um neue Waffenruhe

Ob sich die Hamas jedoch darauf einlässt, ist ungewiss. Die USA hätten in den vergangenen Tagen erheblichen Druck auf Ägypten und Katar ausgeübt, um die Hamas zur Freilassung weiterer Geiseln zu bewegen, berichtete Axios unter Berufung auf US-amerikanische und israelische Beamte. Diesem und anderen Berichten zufolge hatte auch Ägypten diese Woche einen Vorschlag vorgelegt.

Dieser sehe vor, dass die Hamas im Gegenzug für eine Einstellung der Kämpfe alle fünf bis sieben Tage fünf Geiseln freilässt, schrieb die Times of Israel. Zudem würden Verhandlungen über eine dauerhafte Beendigung des Krieges zugesichert, hieß es.

Hamas wohl offen für Einigung

Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP spricht die Hamas seit Donnerstagabend wieder in der katarischen Hauptstadt Doha mit Ägypten und Katar. Dabei soll es auch um einen möglichen Waffenstillstand während des muslimischen Zuckerfests Eid-al-Firt zum Ende des Fastenmonats Ramadan am kommenden Sonntag und des jüdischen Pessach-Festes gehen, das vom 12. bis 20. April dauert. Thema soll auch die Lieferung humanitärer Güter in den Gazastreifen sein. 

Den palästinensischen Angaben zufolge ist die Hamas offen für eine Einigung, ihr Zustandekommen hänge jedoch von Israel ab. "Ein Gefangenenaustausch und Waffenruhe-Abkommen sind möglich, aber ihr Erfolg hängt von (Israels) Zustimmung und Bereitschaft ab, den Prozess nicht zu blockieren", hieß es aus Palästinenser-Kreisen.

Nach langwierigen Bemühungen war im Januar eine Waffenruhe in Kraft getreten. Doch nachdem sich Israel und die Hamas nicht auf eine Fortsetzung einigen konnten, greift Israels Armee seit Tagen wieder massiv im Gazastreifen an.

Erneut Proteste gegen Hamas

Dort demonstrierten Anwohnern zufolge am nunmehr dritten Tag in Folge Hunderte Menschen gegen die Herrschaft der Hamas sowie den Krieg. Bei den Protesten hätten Palästinenser einen Abzug der Terrororganisation gefordert, berichteten Augenzeugen der Nachrichtenagentur dpa.

Bereits an den Tagen zuvor hatten etliche Palästinenser in mehreren Orten des abgeriegelten Küstengebiets gegen die Hamas und den Krieg protestiert. Am Mittwoch waren Augenzeugen zufolge sogar Tausende durch die Straßen gezogen.

In sozialen Medien verbreitete Aufnahmen sollen Demonstranten mit Schildern zeigen, auf denen etwa "Hamas raus" und "Hamas sind Terroristen" steht. Die Terrororganisation warnte die Menschen unterdessen davor, für die Interessen Israels einzutreten.

Proteste gegen die Hamas hatte es zuvor nur selten gegeben. Die Organisation ist dafür bekannt, mit großer Härte gegen interne Gegner vorzugehen. Die Zerschlagung ihrer Herrschaft ist eines der Kriegsziele der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.  

Israelis protestieren gegen Justizreform

Auch in Israel kam es erneut zu Protesten. In Tel Aviv versammelten sich Tausende zu einer Kundgebung gegen Netanjahus rechtsreligiöse Regierung, nachdem das Parlament kurz zuvor im Zuge des höchst umstrittenen Umbaus des Justizwesens ein Gesetz gebilligt hatte, das laut Kritikern künftig mehr politischen Einfluss bei der Ernennung von Richtern ermöglicht.

Auch Rechtsexperten sehen dadurch die Demokratie gefährdet. Das Oberste Gericht will nun dagegen eingereichte Klagen prüfen. Netanjahu und seine Verbündeten halten das Justizsystem des Landes für zu mächtig. Die Judikative mische sich zu stark in die Entscheidungen der Exekutive ein.

Auch in anderen israelischen Städten gingen die Menschen auf die Straße. In Jerusalem richtete sich der Ex-Polizeichef und Netanjahu-Kritiker Roni Alscheich mit den Worten an die Demonstranten: "Ihr werdet diejenigen sein, die den Staat Israel retten." 

Abkommen mit Hamas gefordert

Bereits in den vergangenen Tagen hatte es immer wieder Demonstrationen gegeben. Die Menschen fordern dabei auch ein Abkommen mit der Hamas, damit die noch immer von Islamisten im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln freikommen. "Die Regierung hat die Geiseln aufgegeben. Wir nicht", war Augenzeugen zufolge auf Plakaten bei der Kundgebung in Tel Aviv zu lesen.

Die Demonstranten werfen Netanjahus Regierung vor, mit der Wiederaufnahme der Kämpfe im Gazastreifen die Befreiung und das Leben der Geiseln zu gefährden. Nach israelischen Informationen werden noch 24 entführte Israelis in dem Küstengebiet festgehalten. Hinzu kommen die Leichen von 35 Verschleppten.

"Die Regierung will, dass wir die Geiseln vergessen, sie will den Chef des Schin Bet entlassen", sagte Ex-Generalmajor Noam Tibon in einer Rede bei einer Großkundgebung in Tel Aviv mit Blick auf die Entlassung von Inlandsgeheimdienstchef Ronen Bar. "Aber sie hat nicht die Macht, das zu tun, wenn wir wie eine Mauer zusammenstehen." 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 28. März 2025 um 07:35 Uhr.