Der Regisseur Hamdan Ballal und die Filmemacherin Rachel Szor bei der Verleihung des Oscar in Los Angeles.
Player: audioWestjordanland: "No Other Land"-Regisseur von Siedlern angegriffen

Offenbar Attacke jüdischer Siedler Oscarpreisträger im Westjordanland verletzt

Stand: 25.03.2025 10:21 Uhr

Im oscarprämierten Film "No Other Land" erzählt Regisseur Ballal die Geschichte von Palästinensern, die gewaltfrei für den Erhalt ihrer Dörfer kämpfen. Jetzt wurde er im Westjordanland angegriffen und verletzt - offenbar von jüdischen Siedlern.

Der Regisseur und Oscarpreisträger Hamdan Ballal ist im israelisch besetzten Westjordanland offenbar angegriffen und verletzt worden. Augenzeugen zufolge attackierten jüdische Siedler den palästinensischen Filmemacher. Anschließend soll israelisches Militär ihn aus dem Krankenwagen geholt und festgenommen haben.

Die Organisation Center for Jewish Nonviolence teilte mit, Dutzende Siedler hätten das Palästinenserdorf Susja im Gebiet von Masafer Jatta attackiert und Eigentum zerstört. Die Angreifer seien mit Schlagstöcken, Messern und mindestens einem Sturmgewehr bewaffnet gewesen. Sie hätten Ballal angegriffen und ihm eine blutende Kopfwunde zugefügt, fünf jüdisch-amerikanische Aktivisten seien ebenfalls attackiert worden.

Ballal laut Aktivisten festgenommen

Medienberichten zufolge wurden vier Palästinenser - darunter Ballal - verletzt. Die Israelische Polizei bestätigte drei Festnahmen. Laut Aktivisten soll Ballal zu den Festgenommenen gehören. Über seinen Aufenthaltsort wurde bisher nichts bekannt.

Das israelische Militär bestritt in einer Stellungnahme, einen Palästinenser aus einem Krankenwagen geholt zu haben. Sie erklärten, dass "einige Terroristen" Steine auf Israelis geworfen und ihre Fahrzeuge beschädigt hätten. Daraufhin hätten sich Gruppen von Israelis und Palästinensern gegenseitig mit Steinen beworfen. Polizei und Armee hätten die Gruppen voneinander getrennt.

Hamdan Ballal wird in seinem Haus im israelisch besetzten Westjordanland vom israelischen Militär festgenommen.

Dieses Bild soll zeigen, wie Hamdan Ballal vom israelischen Militär festgenommen wird.

Co-Regisseure berichten von Attacke

Unter den Augenzeugen waren offenbar auch Ballals Co-Regisseure Basel Adra und Yuval Abraham aus dem Oscar-prämierten Film "No Other Land". Bei der Verleihung vor drei Wochen wurde er als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.

Vor seiner mutmaßlichen Festnahme sei der Filmemacher von "einer Gruppe" extremistischer jüdischer Siedler angegriffen worden, erklärte Abraham im Onlinedienst X. Ballal sei "gelyncht" worden. 

Adra sagte, die Siedler seien in das Dorf eingedrungen, kurz nachdem die Bewohner das tägliche Fasten für den muslimischen heiligen Monat Ramadan gebrochen hatten. Soldaten hätten in die Luft geschossen, Ballals Frau habe gehört, wie ihr Mann vor dem Haus geschlagen wurde und schrie: "Ich sterbe."

"Wir sind von der Oscar-Verleihung zurückgekommen, und seitdem werden wir jeden Tag angegriffen", sagte Adra der Nachrichtenagentur AP. "Das könnte ihre Rache an uns sein, weil wir den Film gemacht haben. Es fühlt sich wie eine Bestrafung an."

Eklat bei Berlinale

Ballals Film erzählt vom gewaltfreien Kampf der Palästinenser in Susja und der umliegenden Landschaft Masafer Jatta südlich von Hebron für den Erhalt ihrer Dörfer und ihres Landes. Der Palästinenser Adra dokumentiert darin den schrittweisen Abriss der Dörfer durch Soldaten im Auftrag der israelischen Regierung.

"No Other Land" wurde im vergangenen Jahr bereits mit dem Dokumentarfilmpreis der Berlinale ausgezeichnet. Zu einem Eklat kam es, nachdem bei der Preisverleihung einseitig Vorwürfe gegen Israel laut wurden, ohne dass das Oktober-Massaker der islamistischen Hamas-Terroristen erwähnt wurde. 

Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs sprach Abraham auf der Bühne von einer "Situation der Apartheid", im Saal gab es Applaus. Nachträglich distanzierte sich die Festivalleitung von den Aussagen, nicht aber vom ausgezeichneten Film.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 25. März 2025 um 06:45 Uhr in den Nachrichten.