Kanzlerreise nach China Bloß keine Pandas umarmen
Kanzler Scholz reist zum zweiten Mal in seiner Amtszeit nach China. An zwei Tagen wird es um Wirtschaft gehen, nur an einem um Politik. Kritiker befürchten, dass dabei Themen wie Menschenrechte zu kurz kommen.
Der Kanzler nimmt sich viel Zeit für China: Drei Tage wird er das Land bereisen, so lange ist er bisher nirgendwo zu Besuch gewesen. Aber China ist ja auch nicht irgendein Land, darum hat sich die Regierung extra eine China-Strategie gegeben, die Außenministerin Annalena Baerbock so überschrieben hat: "China hat sich verändert, deswegen muss sich auch unsere Chinapolitik verändern."
Weniger wirtschaftliche Abhängigkeit und mehr Aufmerksamkeit auf China als Rivalen und Konkurrenten - das war die Devise. Wird diesmal also alles anders?
Was sich jedenfalls nicht verändert ist, dass der Kanzler in China mit den wichtigsten deutschen Wirtschaftsbossen unterwegs ist - und auch klargestellt hat: "Wir haben kein Interesse an einer wirtschaftlichen Abkopplung von China", so Olaf Scholz.
Hauptsächlich geht es um die Wirtschaft
Die ersten beiden Tage werden sich tatsächlich hauptsächlich um Wirtschaft drehen. Auftakt ist Chongqing, mit 32 Millionen Einwohnern die wohl bevölkerungsreichste Stadt der Welt. Dort wird der Kanzler sich eine Wasserstoffproduktion mit deutscher Beteiligung ansehen und sich von chinesischen Architekturstudenten moderne Stadtplanung erklären lassen.
Zweite Station ist Shanghai - und erst an Tag drei der Reise, dem Dienstag, kommt Scholz nach Peking und trifft Staatschef Xi Jinping. China-Experte Max Zenglein vom Mercator Institute for China Studies (Merics) findet das bedenklich. "Das wird eben Peking auch so wahrnehmen: Da kommt der Bundeskanzler und nimmt sich drei Tage Zeit, in drei verschiedene Städte mit einer Delegation zu reisen, wo es vielmehr um wirtschaftliche Themen geht, bevor man dann mit Xi Jinping ein paar andere, kritische Themen anspricht."
Scholz will Krieg gegen die Ukraine thematisieren
Zu den schwierigen Themen, die der Kanzler in Peking ansprechen will, gehört auch Chinas Rolle im russischen Krieg gegen die Ukraine. Peking steht da an der Seite des Kreml und wird von den USA verdächtigt, Russland Güter zu liefern, die auch militärisch nutzbar sind.
Der Kanzler hat das schon öfter angesprochen: "Ich hab erneut an die chinesische Regierung appelliert, in diesem Krieg noch stärker ihren Einfluss auf Russland geltend zu machen. Da ist es wichtig, dass China weiter keine Waffen an den Aggressor Russland liefert."
Ob Scholz mit seinen Bedenken dieses mal irgendetwas bewirken kann, bezweifeln die Experten. "Die Chinesen werden ihre Strategien nicht ändern, weil der deutsche Kanzler Kritik übt", sagt Mikko Huotari, Direktor des auf China spezialisierten Forschungsinstitut Merics. "Da geht es aus meiner Perspektive nicht darum, dass wir jetzt mit Euphorie damit rechnen sollten, Peking wird jetzt hier zum Friedensmacher."
Trotzdem sei es wichtig, dass Scholz diese seltene Gelegenheit nutze, um Staatschef Xi von Angesicht zu Angesicht seine Position zu sagen, was Weltpolitik und Wirtschaft betreffe: "Die chinesische Seite muss verstehen, sie steht da vor einer Wand des Westens, wo wirklich harte Maßnahmen getroffen werden müssen, damit die Industriebasis Europas unter anderem geschützt wird und das muss Peking auch vom Kanzler hören", so Huotari.
Einsatz für Uiguren und Tibet gefordert
Menschenrechtler wollen, dass sich der Kanzler in Peking auch für die unterdrückte Volksgruppe der Uiguren oder für Tibet einsetzt. David Missal von der Tibet Initiative Deutschland äußert sich enttäuscht: "Wir sehen das, wenn wir zum Beispiel versuchen, mit dem Kanzleramt zusammenzuarbeiten. Wenn wir dort anfragen, werden wir ignoriert. Unsere E-Mails, unsere Briefe landen dort im Schwarzen Loch. Niemand reagiert darauf." Wenn es bei den Anfragen um Menschenrechte gehe, scheine die Priorität im Kanzleramt woanders zu liegen, so Missal.
Immerhin haben die Menschenrechtler einen guten Tipp für den Kanzler, um sich nicht vor den Karren Pekings spannen zu lassen, wenn es um hübsche Fotos geht: Auf gar keinen Fall Pandas umarmen.