Selenskyj bei Arabischer Liga "Leider drücken hier einige ein Auge zu"
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat in seiner Rede beim Gipfel der Arabischen Liga deutliche Worte gefunden. Er warf einigen Anführern in der arabischen Welt mangelnde Unterstützung seines Landes gegen Russland vor.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einigen Anführern in der arabischen Welt mangelnde Unterstützung seines Landes gegen die russischen Invasoren vorgeworfen. "Leider drücken einige auf der Welt und hier in Ihrem Kreis ein Auge zu", sagte Selenskyj in Saudi-Arabien beim Gipfeltreffen der Arabischen Liga. Das gelte für Ukrainer in russischen Gefängnissen und "illegale Annexionen". Einige Teilnehmer des arabischen Gipfels hätten "eine andere Ansicht zum Krieg auf unser Land und bezeichnen ihn als Konflikt".
Selenskyj sprach als Ehrengast beim jährlichen Gipfel der Liga und ihrer 22 Mitglieder und reiste dafür überraschend ins saudische Dschidda. Die arabische Welt müsse helfen, das ukrainische Volk zu schützen, darunter auch die dort lebende muslimische Gemeinde, sagte Selenskyj. "Ich bin hier, damit jeder einen ehrlichen Blick werfen kann - egal, wie sehr die Russen versuchen, Einfluss zu nehmen." Die Ukrainer hätten diesen Krieg nie gewählt. "Wir drängen die Besatzer aus unseren Gebieten", so Selenskyj.
Treffen mit Kronprinz bin Salman
Selenskyj hatte vor seiner Rede getwittert, er wolle die Beziehungen der Ukraine zu Saudi-Arabien und zur arabischen Welt ausbauen. Er werde Kronprinz Mohammed bin Salman und andere Regierungsvertreter treffen. Weiteres Thema der Gespräche sei die Annexion der Krim durch Russland. Die dort lebende muslimische Minderheit habe mit am meisten unter der Unterdrückung auf der Halbinsel zu leiden, erklärte Selenskyj.
Außerdem wolle er Energiefragen erörtern und den Zehn-Punkte-Friedensplan der Ukraine erläutern, so Selenskyj. Dafür wolle er so viele Länder wie möglich gewinnen. Selenskyj wurde begleitet vom Führer der Krim-Tataren, Mustafa Dschemilew. Das saudische Staatsfernsehen zeigte Bilder von Selenskyjs Ankunft am Flughafen und seiner Begrüßung durch saudische Vertreter.
Arabische Staaten gespalten
Die arabischen Staaten verhalten sich gegenüber dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine weitgehend neutral; viele unterhalten enge Beziehungen zu Moskau. Saudi-Arabien sagte der Ukraine 400 Millionen Dollar Hilfe zu und stimmte für UN-Resolutionen, in denen Russland aufgefordert wird, seine Invasion zu beenden und von der Annexion ukrainischen Territoriums Abstand zu nehmen.
Die Teilnahme Selenskyjs biete eine Gelegenheit, um über eine Lösung des Konflikts zu sprechen, hieß es arabischen Diplomaten in Riad zufolge vorab. Dabei könnten auch Wege zur Aufnahme direkter Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew diskutiert werden, hieß es. Saudi-Arabien hat sich mehrfach als Vermittler angeboten.
Außenminister Faisal bin Farhan besuchte im Februar und März Kiew und Moskau und traf dort seine Amtskollegen beider Länder. Der russische Angriffskrieg hat die Golfstaaten in eine unangenehme Lage gebracht. Sie stünden unter Druck, zwischen ihrer historischen Partnerschaft mit den USA und ihren wachsenden wirtschaftlichen und politischen Bindungen an Russland entscheiden zu müssen, schrieb der Experte Gerald Feierstein vom Middle East Institute (MEI) schon kurz nach Ausbruch des Krieges im vergangenen Jahr. "Während Europa brennt, verstecken sich die Golfstaaten unter dem Tisch."
Selenskyj reist weiter nach Hiroshima
Am Wochenende wird Selenskyj als Überraschungsgast beim G7-Treffen in Hiroshima erwartet. Der Sekretär des ukrainischen Nationalen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, kündigte den Besuch im Fernsehen an: "Dort werden sehr wichtige Dinge entschieden, daher ist eben die physische Anwesenheit unseres Präsidenten absolut wichtig", sagte er.
Derr Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, bestätigte im ukrainischen Fernsehen, dass sich Selenskyj in Hiroshima unter anderem mit US-Präsident Joe Biden treffen wolle.
Zentrales Thema des Gipfels sind die weitere Unterstützung der Ukraine und verschärfte Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf das Land. Die Gruppe wichtiger Industriestaaten, darunter Deutschland, Japan und die USA, kündigte bereits neue Sanktionen an, um die russische "Kriegsmaschinerie" so weit wie möglich lahmzulegen.