US-Wahl 2024

Der Flugzeugträger "USS Abraham Lincoln" und andere Schiffe der US-Marine.

Nach US-Wahl Würde Trump Taiwan verteidigen?

Stand: 10.11.2024 16:45 Uhr

Der von China bedrohte Inselstaat Taiwan wird sich in Zukunft wieder auf Donald Trump verlassen müssen. Aber wie verlässlich ist die US-Sicherheitsgarantie für Taiwan dann noch?

"Goldenes Zeitalter" - so überschwänglich haben taiwanische Medien die Jahre der ersten Trump-Präsidentschaft immer wieder bezeichnet. Auch als es um Donald Trumps Wiederwahl 2020 ging, hätte er die volle Unterstützung der Taiwaner gehabt.

Das lag nicht nur am heute immer noch als "historisch" bewerteten Glückwunschanruf der damaligen taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-Wen an den frisch zum Präsidenten gewählten Donald Trump - seit dem Beginn der diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und China 1979 hatte kein US-Präsident mehr direkt mit einem taiwanischen Staatschef gesprochen -, sondern auch an einer Reihe von Gesetzen, die die inoffiziellen Beziehungen beider Länder stärkten.

Trump erlaubte Taiwan den Kauf vieler moderner Waffen wie F16-Kampfjets oder Panzer und startete einen Handelskrieg gegen China, was die Wirtschaft der Volksrepublik belastet und politische Kräfte Chinas bindet.

Streit um Taiwans Chipindustrie

Davon ist 2024 nicht mehr viel übriggeblieben. Das liegt vor allem an einem Satz, den Trump im Wahlkampf in einem Podcast von sich gab: "Taiwan hat unser Chipgeschäft gestohlen."

Da verstehen die Taiwaner keinen Spaß. Zu stolz ist man auf seine Halbleiterindustrie um den Weltmarktführer TSMC, zu wichtig ist sie für den Wohlstand des Landes. Was Trump meinte: Um auf den CHIPS Act, also auf protektionistische Maßnahmen der USA vorbereitet zu sein, hatte TSMC seine Produktion in Arizona ausgeweitet. Nicht mehr und nicht weniger.

Trump gefällt es aber grundsätzlich nicht, dass Taiwan in diesem Sektor so erfolgreich und wichtig ist, einer Branche, in der einst US-Firmen führend waren. Das passt einfach nicht in das "America First"-Leitbild des Republikaners.

Aber auch Trump weiß, dass sich ohne Halbleiter aus Taiwan praktisch keine Smartphones oder Autos in den USA bauen ließen. Millionen Jobs wären ohne die High-Tech-Komponenten aus Taiwan in Gefahr.

Taiwan will mehr für Verteidigung zahlen

Dass Trump deswegen also mit Strafzöllen droht, macht wenig Sinn. Realistischer scheint, dass Taiwan in Zukunft wesentlich mehr Geld für seine Verteidigung zahlen muss. Das tut der Inselstaat freilich schon lange und gibt etwa 2,5 Prozent seines BIP für Verteidigung aus - mehr als die NATO-Staaten im Durchschnitt.

Taiwan ist auch durchaus bereit und fähig, noch mehr zu bezahlen: Erst kürzlich hat das Land von den USA Waffen im Wert von mehreren Hundert Millionen Dollar gekauft, darunter Drohnen und moderne Boden-Luft-Abwehrsysteme. Und die Einkaufsliste ist noch lang. Die Insel will ihre Sicherheit mehr und mehr selbst in die Hand nehmen.

Auch weil niemand so genau weiß, ob eine Trump-geführte US-Regierung Taiwan wirklich gegen einen Angriff Chinas verteidigen würde. Trump streute zumindest Zweifel, in dem er betonte, wie weit Taiwan eigentlich von den USA entfernt sei, geographisch und von den Sorgen und Nöten der Amerikaner. US-Präsident Joe Biden hatte Taiwan dagegen mehrfach zugesichert, im Ernstfall einzugreifen.

Handelskrieg gegen China würde Taiwan helfen

Viel wird auf den Umgang Trumps mit China ankommen. Die bisherigen Äußerungen des künftigen Präsidenten stimmen politische Beobachter in Taiwan zuversichtlich.

Trump hatte angekündigt, pauschal 60 Prozent Zölle auf alle chinesischen Importe zu erheben. Für den Fall, dass China die demokratische Insel angreift, sollen das 150 bis 200 Prozent sein, droht Trump.

Anzeichen dafür, dass Trump mit regionalen Partnern wie Südkorea oder Japan brechen wird, gibt es, abgesehen von Forderungen, dass auch diese Staaten mehr für die US-Präsenz zahlen sollen, nicht.

Für Trump ist Außenpolitik stets auch eine Kosten-Nutzen-Rechnung. China die Vorherrschaft im Indopazifik zu überlassen, etwa US-Truppen aus Japan oder Südkorea abzuziehen, wird sich vermutlich auch ein Präsident Trump zweimal überlegen.

Die Zukunft Taiwans wird also auch unter der zweiten Amtszeit Trumps teils unberechenbar sein und bleiben. Ein weiteres "goldenes Zeitalter" erwartet auf der Insel jedenfalls niemand.