Türkisches Innenministerium 25.000 Syrer seit Assad-Sturz ausgereist
Etwa drei Millionen syrische Flüchtlinge leben in der Türkei. Die Regierung in Ankara will, dass die meisten von ihnen wieder in ihre Heimat zurückkehren. Seit dem Assad-Sturz sind zuletzt so viele Syrer ausgereist wie seit Jahren nicht.
In der vergangenen zwei Wochen sind nach offiziellen Angaben mehr als 25.000 Syrer aus der Türkei nach Syrien ausgereist. Das sei ein siebenfacher Anstieg im Vergleich zu den durchschnittlichen Rückkehrer-Zahlen seit 2017, sagte der türkische Innenminister Ali Yerlikaya der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.
Die Türkei hat im weltweiten Vergleich die meisten Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufgenommen, zurzeit leben nach UN-Angaben noch rund drei Millionen in dem Land.
Bisher hatten Syrer mit der Ausreise aus der Türkei ihr Aufenthaltsrecht und damit auch das auf Rückkehr verwirkt. Auf Anweisung von Präsident Recep Tayyip Erdogan werde nun je einer Person pro syrischer Flüchtlingsfamilie das Recht gewährt, zwischen Januar und Juli dreimal ein- und auszureisen, um "Vorbereitungen" zu treffen, so Yerlikaya.
Türkei pocht auf Rückkehr
Syrer sehen sich einer zunehmend flüchtlingsfeindlichen Stimmung in der Türkei ausgesetzt. Regierung und Opposition wollen, dass ein Großteil das Land verlässt. Laut Zahlen des Innenministeriums ist etwa die Hälfte der Syrer im Land unter 18 Jahre alt.
Die Regierung in Ankara steht in engem Kontakt mit den neuen syrischen Machthabern, die sie im Kampf gegen Machthaber Baschar al-Assad logistisch und militärisch unterstützt hat. Bereits knapp eine Woche nach dessen Sturz hatte die Türkei als eines der ersten Länder ihre Botschaft in Damaskus wiedereröffnet. Zudem unterhält das Land ein Konsulat in Aleppo.
Bewaffnete Gruppen lösen sich offenbar auf
In Syrien geht der Umbau des Staates weiter voran. Nachdem der Chef der islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Schams (HTS), Ahmed al-Scharaa, zuletzt gefordert hatte, dass alle bewaffneten Gruppen ihre Auflösung bekannt geben sollen, vollziehen diese jetzt offenbar diesen Schritt. Wie die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP unter Berufung auf die neue Regierung melden, ist eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden.
Was Syrien noch lange beschäftigen wird, ist die Aufarbeitung der Kriegsverbrechen des Assad-Regimes. Nach Ansicht einer Expertengruppe, die die Vereinten Nationen dazu eingesetzt haben, gibt es Anzeichen, dass die neuen Machthaber hierbei zusammenarbeiten wollen.
Die ehemaligen Aufständischen der Islamistenmiliz HTS seien "sehr empfänglich" für die Bitte des unabhängigen und unparteiischen Mechanismus für Syrien um Kooperation, sagte der Leiter der Expertengruppe, Robert Petit.
UN: Beweise für Aufarbeitung von Verbrechen sichern
Der Besuch der Organisation in Damaskus war der erste in Syrien, seit die Gruppe von der UN-Generalversammlung im Jahr 2016 ins Leben gerufen wurde, um Beweise zu sammeln mit Blick auf Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord in Syrien. Petit unterstrich, es sei wichtig, Dokumente und andere Beweise zu schützen.
Seit dem Umsturz in Syrien und der Freilassung von Häftlingen aus Assads berüchtigten Haftanstalten nehmen in Syrien die Rufe zu, die Verantwortlichen für Gräueltaten unter Assad zur Rechenschaft zu ziehen. "Das Ende der Assad-Herrschaft ist für uns eine bedeutende Gelegenheit, unser Mandat vor Ort zu erfüllen", sagte Petit und ergänzte: "Die Zeit läuft uns davon. Es gibt nur noch ein kleines Zeitfenster, um diese Stätten und das dort vorhandene Material zu sichern."